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Soziale Netzwerke und Einsamkeit von LGBTIA-Personen vor und während der COVID-19-Pandemie
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Veröffentlicht: | 23. September 2024 |
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Hintergrund: Kontaktbeschränkungen im Rahmen von COVID-19 haben soziale Netzwerke nachhaltig beeinflusst und gesundheitliche Ungleichheiten insbesondere bei vulnerablen Gruppen verschärft. In diesem Beitrag stellen wir Unterschiede in den sozialen Kontakten von LGBTIA Personen im Vergleich zu cis-heterosexuellen Personen vor und beschreiben, wie sie sich durch die Pandemie verändert haben.
Fragestellung: Wie unterscheidet sich das soziale Netzwerk von LGBTIA und cis-Heterosexuellen während Social-Distancing-Maßnahmen in Deutschland? Wie beeinflusst das soziale Netzwerk emotionale und soziale Einsamkeit?
Methoden: Daten wurden zweizeitig im März 2020 und im Januar/Februar 2021 über einen Online-Fragebogen erhoben. Abgefragt wurde mindestens ein wöchentlicher Kontakt zu Eltern, Geschwistern, Freund:innen und Partner:innen jeweils im Januar 2020 und zum Erhebungszeitpunkt. Einsamkeit wurde mit der Einsamkeitsskala nach De Jong Gierveld gemessen. Um Unterschiede in sozialen Netzwerken und in Einsamkeit von LGBTIA und cis-heterosexuellen Personen zu untersuchen, wurden Chi-Quadrat-Tests und eine lineare Regressionsanalyse durchgeführt.
Ergebnisse: Von 6.784 Teilnehmer:innen identifizierten sich 5.442 als LGBTIA. LGBTIA Teilnehmer:innen hatten vor der Pandemie seltener wöchentlichen Kontakt zu Eltern und Geschwistern als cis-heterosexuelle Teilnehmer:innen und ähnlich häufig Kontakt zu Freund:innen. Während der ersten Welle nahm der Kontakt zu Eltern und Geschwistern in beiden Gruppen zu, und sank in der zweiten Welle auf Werte unterhalb derer vor der Pandemie. Kontakt zu Freund:innen nahm in beiden Gruppen über die Zeit kontinuierlich ab. LGBTIA-Personen gaben deutlich seltener an, ein:e Partner:in zu haben. Ein geringeres soziales Netzwerk war mit einer höheren sozialen und emotionalen Einsamkeit verbunden. Höheres Alter war stärker mit sozialer, jüngeres Alter stärker mit emotionaler Einsamkeit assoziiert.
Diskussion: Die Datenerhebung fand während der Lockdownphasen statt, sodass die Daten einen guten Einblick in diese Zeit erlauben. Das gezielte Oversampling von LGBTIA-Personen macht die Ergebnisse nur bedingt auf die Allgemeinbevölkerung übertragbar.
Take Home Message für die Praxis: Hausärzt:innen sind ermutigt, die sexuelle Orienterung und Geschlechtsidentität sowie das soziale Netzwerk ihrer Patient:innen zu erfragen. So können Hausärzt:innen Personen mit einem hohen Risiko für Einsamkeit gezielt betreuen und ggf. weiterleiten.