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(K)ein Ausverkauf der hausärztlichen Versorgung
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Veröffentlicht: | 15. September 2022 |
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Gliederung
Text
Namen der Moderierenden sowie der Vortragenden:
Moderation
Norbert Donner-Banzhoff, Sandra Blumenthal.
Vortragende
Dr. med. Kristina Spöhrer,
Prof. Dr. med. Thomas Kühlein
Dr. med. Markus Beier
Einzelbeiträge:
- MVZs: der teure Weg aus dem Konzept Einzelpraxis(Markus Beier)
- Digitalisierte Praxis: zu Chancen und Risiken fragen Sie Ihre Hausärztin (Kristina Spöhrer)
- (K)ein Markt für Möglichkeiten. Vom Nutzen und Schaden des Neoliberalismus (Thomas Kühlein)
Ziele: Gemeinsame Erarbeitung eines Thesen-, bzw. Forderungskatalogs zu den Themenfeldern Kommerzialisierung, Digitalisierung und Ausverkauf der ambulanten Versorgung.
Diskussion: Im Zuge der Digitalisierung und einer zunehmenden Kommerzialisierung des deutschen Gesundheitssystems wecken hausärztliche Praxen das Interesse finanzkräftiger Investor:innen. Durch Aktienfonds finanzierte Unternehmen gründen und betreiben Medizinische Versorgungszentren, Start-ups beleben die Patient:innenversorgung mit mehr oder weniger innovativen Ideen, beispielsweise im Bereich Praxissoftware oder Digitale Gesundheitsanwendungen. Anbieter:innen von Plattformen für Videosprechstunden propagieren neben der Versandapotheke eine flexible und überregionale Versorgung von Patient:innen durch e-Doctors. Onlinekalender sind zunehmend in der Lage wertvolle Arbeitszeit der MFAs zu ersetzen. Immer schon waren technische Innovationen Triebfedern für wichtige Entwicklungen in der Medizin. Ohne Otoskop wäre die Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde nicht denkbar gewesen – die Augenheilkunde nicht ohne Augenspiegel. Was also spricht dagegen, innovativen Start-Up-Unternehmen das Feld der hausärztlichen Versorgung zu überlassen – um es zu revolutionieren? Warum sollten Unternehmen keine Praxen betreiben, die durch Privatinvestor:innen ausreichend gut von extern finanziert sind? Vielleicht erwarten uns neue fachkräfte- und arbeitszeitsparende Versorgungsformen? Intelligente Praxissoftwaresysteme, die uns in unserem Wissensmanagement und bei der Versorgung unterstützen? Zudem patient:innenfreundlichere Praxen mit mehr Servicecharakter? Und eine Datenerfassung, die auch noch der Versorgungsforschung nützen kann?
Welche Chancen bietet die Öffnung der ambulanten Versorgung für Start-up-Unternehmen und moderne, international agierende Unternehmen? Und welche Veränderungen drohen der hausärztlichen Versorgung durch externe Investor:innen? An welchen Stellen sollten Gesetzgebende regulierend eingreifen – und wo brauchen wir „mehr Markt der Möglichkeiten“?
Take Home Message für die Praxis: Durch private Investor:innen verändert sich die ambulante Versorgung. Es ist eine gemeinsame Aufgabe von Wissenschaftler:innen, Allgemeinärzt:innen und Berufspolitiker:innen diese Veränderungen bewusst mitzugestalten – und an den Stellen einzuschreiten, an denen eine ‚gute‘ hausärztliche Versorgung durch diese Veränderungen bedroht ist.