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56. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

15. - 17.09.2022, Greifswald

Ärztliche Empathiefähigkeit in der hausärztlichen Versorgung: das gedankliche Einnehmen der Patient:innenperspektive befördert die kommunikative Performanz in Arzt-Patienten-Interaktion

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Julia Kozlik - Universitätsmedizin Greifswald, Studiendekanat, Greifswald, Deutschland
  • Mladen V. Tzvetkov - Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Pharmakologie – Abteilung Allgemeine Pharmakologie, Greifswald, Deutschland; Universitätsmedizin Greifswald, Studiendekanat, Greifswald, Deutschland
  • Dörte Meiering - Universitätsmedizin Greifswald, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Greifswald, Deutschland
  • Hans J. Grabe - Universitätsmedizin Greifswald, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Greifswald, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 56. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Greifswald, 15.-17.09.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocP-04-09

doi: 10.3205/22degam175, urn:nbn:de:0183-22degam1759

Veröffentlicht: 15. September 2022

© 2022 Kozlik et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Empathiefähigkeit ist eine entscheidende Kompetenz in der hausärztlichen Tätigkeit, die positiv zur Patient:innenzufriedenheit und zum klinischen Outcome beiträgt. Daher wird zunehmend gefordert, empathische Fähigkeiten bereits bei der Medizinstudierendenauswahl – insbesondere in Auswahlverfahren zu den Landarztquoten der Länder – als Selektionskriterium heranzuziehen. Die allgemeine Empathiefähigkeit besteht aus verschiedenen Facetten. Daher ist es wichtig zu untersuchen, welche Subkomponenten einen positiven Beitrag zur Arzt-Patienten-Interaktion leisten.

Fragestellung: Ziel dieser Studie war es zu untersuchen, welche spezifischen Subkomponenten der allgemeinen Empathiefähigkeit einen signifikanten Vorhersagebeitrag zur kommunikativen Performanz in simulierten Arzt-Patienten-Interaktion leisten können.

Methoden: Studienteilnehmer:innen waren Bewerber:innen auf die Landarztquote Mecklenburg-Vorpommerns. Allgemeine ärztliche Empathiefähigkeit sowie deren spezifische Subkomponenten (a) Perspektivübernahme, (b) mitfühlende Zuwendung und (c) das Hineinversetzen in die emotionale Lage des/r Patient:in wurden mithilfe der Jefferson Scale of Empathy (JSE) ermittelt. Die kommunikative Performanz wurde anhand von simulierten Patient:innen-Interaktionen (SPI) gemessen.

Ergebnisse: In Einklang mit früheren Studien waren höhere Werte in der allgemeinen Empathiefähigkeit mit besserer SPI-Performanz assoziiert. Dabei konnte eine lineare-gemischte-Modell-Analyse zeigen, dass dieser positive Zusammenhang insbesondere auf die Fähigkeit zur Perspektivübernahme zurückgeht: Je stärker die Bewerber:innen in der Lage waren, gedanklich die Perspektive des/r Patient:in einzunehmen, desto höher bewerteten die Simulationspatient:innen die Gesprächskompetenz.

Diskussion: Diese Ergebnisse verdeutlichen die Bedeutung der ärztlichen Empathiefähigkeit für effektive Arzt-Patienten-Interaktionen. Dabei deuten unsere Daten darauf hin, dass besonders die Fähigkeit zur Perspektivübernahme entscheidend zur kommunikativen Performanz beiträgt. Damit untermauern und konkretisieren die Daten die Forderungen nach Berücksichtigung dieser Persönlichkeitseigenschaft als Auswahlkriterium zum Medizinstudium.

Take Home Message für die Praxis: Patient:innen beurteilen eine Arzt-Patienten-Interaktion umso besser, je mehr der/die Ärzt:in gedanklich die Perspektive des/r Patient:in einnimmt. Dieser positive Zusammenhang zeigt sich bereits, wenn Medizinstudienbewerber:innen in die Rolle eines/r Ärzt:in schlüpfen. Um diejenigen Studierenden zu identifizieren, die ein hohes Potential haben, „gute Mediziner:innen“ zu werden, sollte die Perspektivübernahmefähigkeit als zusätzliches Selektionskriterium in der Studierendenauswahl berücksichtigt werden.