Artikel
Wie sprechen Hausärzt:innen ihre älteren Patient:innen auf mögliche Gedächtnisprobleme an?
Suche in Medline nach
Autoren
Veröffentlicht: | 15. September 2022 |
---|
Gliederung
Text
Hintergrund: Gedächtnisprobleme treten im höheren Lebensalter gehäuft auf, belasten die Patient:innen und zählen zu den Prädiktoren einer Demenzentwicklung. Berichtet werden sie Hausärzt:innen selten. Unbekannt ist bislang, ob und wie Hausärzt:innen aktiv danach fragen.
Fragestellung: Wie oft sprechen Hausärzt:innen aktiv das Gedächtnis an? Wie und mit welchen Formulierungen erfolgt dies? Was sind „Auslöser“ einer Ansprache?
Methoden: Im Rahmen einer Studie zum hausärztlichen Umgang mit Gedächtnissorgen älterer Patient:innen wurde ein Fragebogen an 1.000 deutschlandweit zufällig ausgewählte Hausärzt:innen verschickt. Zur Beantwortung der Fragestellungen wurden folgende Items erfasst: „Wie oft [pro Quartal] sprechen Sie selbst als Hausärzt:in ältere Patient:innen erstmalig aktiv auf deren Gedächtnis an?“; „Wie greifen Sie üblicherweise das Thema Gedächtnis mit Ihren Patient:innen auf?“; „Welche Patient:innen sprechen Sie aktiv auf ihr Gedächtnis an?“. Deskriptivstatistische Auswertung.
Ergebnisse: Die Rücklaufquote beträgt 65,3% (619/948 eligible), 61,0% vollständige Bögen. Im Median sprechen Hausärzt:innen 3–5 Patient:innen pro Quartal auf deren Gedächtnis an (27% 0–2 Pat., 38% 3–5 Pat., 36% ³6 Pat.). 74% der Hausärzt:innen tun dies mit offenen Fragen und sehr heterogenen Formulierungen; 14% bieten direkt einen Gedächtnistest an, 3% benennen direkt das Thema Demenz; 5% sprechen zunächst indirekt mit dem Gedächtnis verbundene Themen an (z.B. Medikamentennebenwirkungen); 4% greifen das Gedächtnis nicht aktiv auf. Jeweils über 90% der Hausärzt:innen geben an, tendenziell Patient:innen auf deren Gedächtnis anzusprechen, bei denen sie Hinweise persönlich, über Praxismitarbeitende oder Angehörige erhalten. Eine positive Familienanamnese bzgl. Demenz sehen 54%, ein bestimmtes Alter 19% als möglichen Impuls.
Diskussion: Selbst bei konservativer Schätzung scheint es in Deutschland weit verbreitet zu sein, dass Patient:innen von Hausärzt:innen auf ihr Gedächtnis angesprochen werden. Der Impuls zur Ansprache (hausärztlicher Eindruck, Hinweise von Dritten) und die Art der Ansprache (meist individuelle offene Fragen) sind also noch vor einem Test Bestandteile der Stufendiagnostik.
Take Home Message für die Praxis: Zur Thematisierung des Gedächtnisses in der Praxis lohnt die Entwicklung einer validen und patientenzentrierten Ansprachestrategie.