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56. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

15. - 17.09.2022, Greifswald

Seniorenwohnheime in der COVID-19-Pandemie – eine qualitative Erhebung in Norditalien

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Barbara Plagg - Institut für Allgemeinmedizin und Public Health, Fachhochschule für Gesundheitsberufe Claudiana, Italien
  • Giuliano Piccoliori - Institut für Allgemeinmedizin und Public Health, Fachhochschule für Gesundheitsberufe Claudiana, Italien
  • Klaus Eisendle - Institut für Allgemeinmedizin und Public Health, Fachhochschule für Gesundheitsberufe Claudiana, Italien; Krankenhaus Bozen, Bozen, Italien
  • Adolf Engl - Institut für Allgemeinmedizin und Public Health, Fachhochschule für Gesundheitsberufe Claudiana, Italien

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 56. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Greifswald, 15.-17.09.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocV-15-03

doi: 10.3205/22degam085, urn:nbn:de:0183-22degam0859

Veröffentlicht: 15. September 2022

© 2022 Plagg et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Seniorenwohnheime gehören zu den vulnerablen Einrichtungen, die in der Pandemie sowohl vom Virus selbst, als auch von Sekundärschäden durch Infektionsschutzmaßnahmen stark betroffen sind. Die Bewältigung langandauernder Krisensituationen mit Kaskadeneffekte wie die COVID-19-Pandemie setzt ein effizientes Katastrophenmanagement voraus, in welches Hausärzt:innen in ihrer Rolle als ärztliche Leiter:innen der Heime direkt eingebunden sind. Wenngleich die Literatur zum Thema Katastrophenmanagement zwar insgesamt als mannigfaltig einzuschätzen gilt, ist sie zur spezifischen Situation der Seniorenwohnheime vergleichsweise überschaubar.

Fragestellung: Ziel der vorliegenden Studie war es, das Katastrophenmanagement in Seniorenwohnheimen während der Pandemie zu analysieren und Handlungsstrategien zu identifizieren, um SWH-Bewohner:innen und das Pflegepersonal vor Infektionen und Sekundärschäden zu schützen.

Methoden: Aufgrund der Neuheit der Situation stellte sich der induktive Zugang als methodisch sinnvoller Ansatz da. Im Rahmen einer qualitativen Erhebung im Herbst/Winter 2020/2021 wurden 45 teilstrukturierte Einzelinterviews in Südtirol (I) geführt. Für eine möglichst perspektivenreiche Sichtweise wurden vier unterschiedliche Gruppen in die Erhebung eingeschlossen: i) Bewohner:innen, ii) Pflegepersonal, iii) Angehörige von Bewohner:innen und iv) Hausärzt:innen in der Rolle als ärztliche Leiter:innen der Einrichtungen.

Ergebnisse: Der krisenbedingte Fokus weg von der patientenzentrierten Pflege hin zu kollektiv-protektiven Ansätzen durch die Aufhebung etablierter Pflegeprinzipien führte zu einem unmittelbaren Notstandsvakuum: Es fehlten umsetzbare Strategien und die ad hoc entwickelten provisorischen Lösungen durch ein unvorbereitetes Personal führten vor dem Hintergrund einer unklaren Gesetzgebung zu vielfältigen organisatorischen, medizinischen und ethischen Konflikten. Diesen sollte mit der Entwicklung und Implementierung diverser Katastrophenmanagementstrategien in den Bereichen i) Organisation und Kommunikation, ii) Ressourcen, iii) Gesundheit und Wohlbefinden der Bewohner:innen und i) ethische Rahmenbedingungen entgegengewirkt werden.

Diskussion: Seniorenwohnheime sind unzureichend für den Katastrophenfall abgesichert, da es an umfassenden Katastrophenmanagementstrategien und systematischer Krisenvorsorge fehlt.

Take Home Message für die Praxis: Um Seniorenwohnheime krisenresilient zu machen, ist die Entwicklung und Implementierung effizienter Katastrophenvorsorge und -managementstrategien zentral.