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55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Lübeck, 16. - 18.09.2021

Allgemeinmedizinische Behandlungsfälle in einer universitären Notaufnahme vor und nach Einführung eines strukturierten Triagesystems

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Tanja Schleef - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Allgemeinmedizin, Hannover, Deutschland
  • Kristine Engeleit - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Allgemeinmedizin, Hannover, Deutschland
  • Olaf Krause - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Allgemeinmedizin, Hannover, Deutschland
  • Nils Schneider - Medizinische Hochschule Hannover, Institut für Allgemeinmedizin, Hannover, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Lübeck, 16.-18.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocP-01-06

doi: 10.3205/21degam182, urn:nbn:de:0183-21degam1829

Veröffentlicht: 17. September 2021

© 2021 Schleef et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Notaufnahmen werden zunehmend durch Patienten mit niedriger Behandlungsdringlichkeit in Anspruch genommen. In der Zentralen Notaufnahme (ZNA) der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) werden diese Patienten mit Beschwerden aus dem allgemeinmedizinisch-internistischen Spektrum werktags durch Allgemeinärzte versorgt. Die Zuordnung der Patienten zu einer Fachdisziplin erfolgt durch Pflegekräfte auf Basis der Ersteinschätzung der Erkrankungsschwere sowie der Behandlungsdringlichkeit. In der MHH wurde hierfür der fünfstufige Emergency Severity Index (ESI) als Triagesystem eingeführt.

Fragestellung: Welche Auswirkungen hat die Einführung eines Triagesystems auf die Zusammensetzung des allgemeinmedizinisch versorgten Patientenkollektivs und wie stellt sich die Verteilung der ESI-Einstufung bei diesen Patienten dar?

Methoden: Vergleich der allgemeinmedizinisch versorgten Behandlungsfälle über jeweils 6 Monate vor (t0) und nach (t1) Einführung des ESI auf Grundlage der ZNA-Routinedaten sowie eines vom diensthabenden Allgemeinarztes auszufüllenden Erhebungsbogens. Die Datenauswertung erfolgte deskriptiv bzw. mittels Chi²-Test.

Ergebnisse: Im Zeitraum t0 gingen 621 Patienten (Altersdurchschnitt 45,5 Jahre; 55,9% weiblich), innerhalb t1 759 Patienten (Altersdurchschnitt 45,2 Jahre; 52,4% weiblich) in die Auswertung ein. Es zeigten sich keine Unterschiede hinsichtlich des Geschlechts, der Altersgruppen, des Anteils der mit ärztlicher Einweisung vorstelligen Patienten (t0: n=100/16,1%; t1: n=124/16,3%) oder hinsichtlich des Anteils stationärer Aufnahmen (t0: n=39/6,3%; t1: n=45/5,9%).

Die ESI-Einstufung erfolgte überwiegend in die niedrigen Dringlichkeitskategorien 5 (n=283/37,3%) und 4 (n=351/46,2%), allerdings bei 61 Patienten in ESI 3 bzw. 2 (8,0%). Definitionsgemäß sind über die körperliche Untersuchung hinausgehend keine diagnostischen Maßnahmen/Ressourcen (ESI 5) bzw. eine Maßnahme/Ressource (ESI 4) vorsehen. Der beobachtete Ressourcenverbrauch in t1 weicht ab (0 Ressourcen: n=433/57,0%, 1 Ressource: n=216/28,5%; ≥2 Ressourcen: n=109/14,4%).

Diskussion: Hinsichtlich der Identifikation ambulant verbleibender Behandlungsfälle ist die Anwendung eines strukturierten Triagesystems nicht überlegen. Stationäre Aufnahmen sowie Abweichungen vom geschätzten Ressourcenverbrauch weisen auf Triagierungsprobleme im allgemeinmedizinisch versorgten Patientenkollektiv hin.

Take Home Message für die Praxis: Die Einführung eines Triagesystems hat keine Auswirkung auf die Zusammensetzung des allgemeinmedizinisch versorgten Patientenkollektivs, es ergeben sich jedoch Hinweise auf Triagierungsprobleme.