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55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Lübeck, 16. - 18.09.2021

Bewertung des bayerischen Versorgungsarztsystems in der frühen Corona-Phase 2020 aus der Sicht von Versorgungs- und Hausärzt*innen

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Jens Boris Schymura - Technische Universität München, Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, München, Deutschland
  • Michaela Olm - Technische Universität München, Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, München, Deutschland
  • Marion Torge - Technische Universität München, Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, München, Deutschland
  • Bernhard Riedl - Technische Universität München, Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, München, Deutschland
  • Peter Wapler - Technische Universität München, Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, München, Deutschland
  • Anton Wartner - Technische Universität München, Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, München, Deutschland
  • Antonius Schneider - Technische Universität München, Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, München, Deutschland
  • Klaus Linde - Technische Universität München, Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, München, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Lübeck, 16.-18.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocV-31-03

doi: 10.3205/21degam173, urn:nbn:de:0183-21degam1735

Veröffentlicht: 17. September 2021

© 2021 Schymura et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Zur Bewältigung der ersten Phase der Corona-Pandemie wurde vom 16.3.–16.6.2020 für den gesamten Freistaat Bayern der Katastrophenfall festgestellt. Ein Bestandteil war die Etablierung eines Versorgungsarztes/einer Versorgungsärztin für jeden der 96 Landkreise bzw. kreisfreien Städte. Aufgaben der Versorgungsärzt*innen waren u.a. Verteilung von persönlicher Schutzausrüstung, Unterstützung bei Einrichtung von Schwerpunktpraxen und Testzentren sowie Vorbereitung von Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der ärztlichen Grundversorgung.

Fragestellung: Wie bewerten die damals tätigen Versorgungsärzt*innen sowie bayerische Hausärzt*innen das Versorgungsarztsystem?

Methoden: Im November 2020 wurden Fragebögen an 85 durch Internetrecherche identifizierbaren Versorgungsärzt*innen sowie an 197 Lehrarztpraxen des Instituts für Allgemeinmedizin der TU München verschickt.

Ergebnisse: Insgesamt konnten 78 (92%) Versorgungsärzt*innen und 163 (83%) Lehrärzt*innen eingeschlossen werden. 97% der Versorgungsärzt*innen und 67% der Lehrärzt*innen bewerteten die Einführung des Katastrophenfalls als sinnvoll. 76% der Versorgungsärzt*innen halten das Versorgungsarztsystem für zukünftige Pandemien für sinnvoll, allerdings wären dafür relevante Verbesserungen notwendig (81%). 37% der Lehrärzt*innen äußerten, ein Versorgungsarztsystem sollte im weiteren Verlauf der Pandemie vermieden werden. Zusammenarbeit und Kommunikation mit Politik, Behörden und Kassenärztlicher Vereinigung wurden von beiden Gruppen als schwierig und oft widersprüchlich bewertet.

Diskussion: Katastrophenfall und Versorgungsarztsystem ermöglichten die Festlegung von klaren Zuständigkeiten und unmittelbaren Weisungsstrukturen. Versorgungsärzt*innen sorgten als fachkundige Schnittstelle zur ambulanten Versorgung für eine bessere Vernetzung und Zusammenarbeit der örtlichen Akteur*innen. Dennoch bedeuteten sie eine Parallelstruktur zum kassenärztlichen System und einen Eingriff in vertragsärztliche Versorgung. Grundlegende Konflikte, wie Beschaffung knapper Schutzausrüstung oder Kommunikationsprobleme mit Politik, Behörden oder Kassenärztlicher Vereinigung konnten durch das Versorgungsarztsystem nicht gelöst werden.

Take Home Message für die Praxis: Ein Versorgungsarztsystem kann im Pandemiefall eine unterstützende Einrichtung sein, allerdings sollte es dazu genutzt werden, um bereits bestehende Strukturen zu unterstützen. Eine gute Vernetzung der Versorgungsärzt*innen sowie eine stringente Kommunikation und ein effizienter Informationsaustausch zwischen den Akteur*innen erscheint im Zuge dessen essentiell.

Funding: Fakultät für Medizin der TU München und Bayerisches Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst (Förderkennzeichen H.40001.1.7(DMS)-TUM-1).