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55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Lübeck, 16. - 18.09.2021

Covid-19-Ausbruch in Pflegeeinrichtung Thüringens: Perspektiven, Erfahrungen und Handlungsempfehlungen – eine qualitative Studie

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Juliane Poeck - Universitätsklinikum Jena, Institut für Allgemeinmedizin, Jena, Deutschland
  • Dorothea Stula - Stadt Weimar, Weimar, Deutschland
  • Jutta Bleidorn - Universitätsklinikum Jena, Institut für Allgemeinmedizin, Jena, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Lübeck, 16.-18.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocV-30-05

doi: 10.3205/21degam170, urn:nbn:de:0183-21degam1701

Veröffentlicht: 17. September 2021

© 2021 Poeck et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die SARS-CoV-2-Pandemie hat keine Altersgruppe und keinen Lebensbereich unberührt gelassen, schwere Verläufe und Mortalitätsraten von ca. 20% kommen insbesondere bei Patienten über 60 Jahren vor. Pflegeeinrichtungen mit zumeist multimorbiden Heimbewohner*innen waren besonders schwer von der Pandemiesituation betroffen und mit diversen Herausforderungen konfrontiert- u.a. hohe psychische und physische Belastungen für das Pflegepersonal, besondere Hygiene- und Isolationsmaßnahmen und Zugangsbeschränkungen für Angehörige, Ärzt*innen und Therapeut*innen.

Fragestellung: Ziel der Studie war es, unterschiedliche Perspektiven der beteiligten Professionen und betroffenen Angehörigen am Beispiel eines Ausbruchsgeschehens in einer Thüringer Pflegeeinrichtung zu reflektieren und Handlungsempfehlungen für den Umgang mit zukünftigen Pandemiesituationen abzuleiten.

Methoden: Im Juni 2020 wurde ein Fokusgruppeninterview mit 9 Teilnehmer*innen verschiedener Interessensgruppen (Pflege, Heimleitung, Hausärzt*innen, Angehörige) durchgeführt. Die Fokusgruppe wurde mit einer Dauer von 120 Minuten in Präsenz durchgeführt, aufgezeichnet und wörtlich transkribiert. Die Auswertung erfolgte qualitativ-inhaltsanalytisch nach Mayring. Anschließend wurden die konsentierten Handlungsempfehlungen im Rahmen eines Kurzfragebogens nach Umsetzbarkeit und Relevanz in der Pflegeeinrichtung (n=17) bewertet.

Ergebnisse: Ein breites Spektrum an Emotionen und unterschiedlichen Erfahrungen wurde von allen Teilnehmenden berichtet. Für das Pflegepersonal zeigte sich z.B. psychophysische Erschöpfung, Überforderung im Umgang mit Angehörigen und mit den eigenen ambivalenten Gefühlen. Die Hausärzt*innen und das leitende Personal resümierten u.a. Unsicherheiten bzgl. der ständig verändernden Rahmenbedingungen und schwierige Zusammenarbeit mit Gesundheitsämtern. Als besonders relevante Handlungsempfehlungen wurden die Optimierung der Kommunikationsstrukturen zwischen Handlungs- und Verantwortungsträgern, Etablierung bundeseinheitlicher Standards für Test- und Besucherregelungen, wiederholte Hygieneschulungen und Maßnahmen zum Erhalt der seelischen Gesundheit des Pflegepersonals beurteilt.

Diskussion: Die erarbeiteten Empfehlungen können dazu beitragen, Prozesse für den Umgang mit zukünftigen Pandemiesituationen zu optimieren und die Vorbereitung auf zukünftige Ausbruchsgeschehen in Pflegeeinrichtungen zu erleichtern.

Take Home Message für die Praxis: Handlungsempfehlungen zur Verbesserung des Umgangs mit SARS-CoV-2-Ausbrüchen in Pflegeeinrichtungen sollten die Perspektive aller beteiligten Behandler*innen und Betroffenen berücksichtigen.