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55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Lübeck, 16. - 18.09.2021

Covid-19-Diagnostik in der Primärversorgung – eine klinische Entscheidungsregel, basierend auf selbstberichteten Symptomen und Kontakthistorie

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Christina Kellerer - Technische Universität München, Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, München, Deutschland
  • Katharina Rauscher - Technische Universität München, Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, München, Deutschland
  • Klaus Linde - Technische Universität München, Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, München, Deutschland
  • Frederike Kneissl - Technische Universität München, Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, München, Deutschland
  • Alexander Hapfelmeier - Technische Universität München, Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, München, Deutschland; Technische Universität München, Institut für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie, München, Deutschland
  • Antonius Schneider - Technische Universität München, Institut für Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, München, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Lübeck, 16.-18.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocV-30-04

doi: 10.3205/21degam169, urn:nbn:de:0183-21degam1692

Veröffentlicht: 17. September 2021

© 2021 Kellerer et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: In der ambulanten Versorgung ist der Großteil der SARS-CoV-2 PCR-Tests negativ. Da dies mit einem enormen Einsatz von Ressourcen einhergeht, wäre eine gezieltere Testung auf eine Infektion mit SARS-CoV-2 sinnvoll.

Fragestellung: Es soll die diagnostische Genauigkeit von klinischen Zeichen und Symptomen hinsichtlich des Vorliegens bzw. des Ausschlusses einer SARS-CoV-2 Infektion bestimmt werden sowie klinische Entscheidungsregeln für die Primärversorgung entwickelt werden.

Methoden: Es wurde eine prospektive diagnostische Studie in 19 Hausarztpraxen durchgeführt. Alle Patient*innen, die für einen SARS-CoV-2-PCR-Test in die Hausarztpraxis gekommen sind, wurden konsekutiv in die Studie eingeschlossen. Selbstberichtete Symptome und Kontakthistorie dienten als Index-Test. Als Referenztest wurde ein PCR-Test mit Nasopharynx-Abstrichen durchgeführt.

Ergebnisse: Es wurden 1.430 Patient*innen in die Studie eingeschlossen, von denen 1.141 Patient*innen vollständige Daten aufwiesen. Mittels multipler logistischer Regression konnten die höchsten Odds Ratios (OR) hinsichtlich des Vorliegens einer SARS-CoV-2 Infektion für „Kontakt mit infizierter Person“ (OR 9,22, 95%CI 5,61–15,41), Anosmie/Ageusie (8,79, 95%CI 4,89–15,95), Fieber (4,25, 95%CI 2,56–7,09) und „plötzlicher Krankheitsbeginn“ (2,52, 95%CI 1,55–4,14) erzielt werden. Bei Patient*innen mit „Kontakt mit infizierter Person“ oder „Anosmie/Ageusie“ mit oder ohne selbstberichtetem „Fieber“ lag eine SARS-CoV-2 Infektion mit einer Wahrscheinlichkeit von bis zu 84,8% vor. Eine negative Beantwortung der vier Items „Kontakt mit infizierter Person, Anosmie/Ageusie, Fieber, plötzlicher Krankheitsbeginn“ ergab einen negativen prädiktiven Wert (NPV) von 0,98 (95%CI 0,96–0,99). Der NPV von „völlig asymptomatisch“, „kein Kontakt“, „kein Risikogebiet“ betrug 1,0 (95%CI 0,96–1,0).

Diskussion: Eine Entscheidungsregel basierend auf der Kombination der vier Items „Kontakt mit infizierter Person“, „Anosmie/Ageusie“, „Fieber“ und „plötzlicher Krankheitsbeginn“ ermöglichte den Ein- und Ausschluss einer SARS-CoV-2 Infektion mit hoher Sicherheit.

Take Home Message für die Praxis: Um eine SARS-CoV-2 Infektion mit 100%iger Sicherheit ausschließen zu können und so die Ausbreitung von SARS-CoV-2 in der Bevölkerung verhindern zu können, kann der PCR-Test nur bei völlig asymptomatischen Patient*innen mit negativer Kontakthistorie eingespart werden.