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55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Lübeck, 16. - 18.09.2021

Soziale Probleme in der hausärztlichen Praxis – eine Wartezimmer-Fragebogenstudie zur Sicht der Patient*innen

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Thomas Zimmermann - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Viviana Gosch - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Thomas Kloppe - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Britta Tetzlaff - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Claudia Mews - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland
  • Martin Scherer - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut und Poliklinik für Allgemeinmedizin, Hamburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Lübeck, 16.-18.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocV-20-01

doi: 10.3205/21degam109, urn:nbn:de:0183-21degam1090

Veröffentlicht: 17. September 2021

© 2021 Zimmermann et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Soziale Probleme sind häufige Begleitumstände in der hausärztlichen Versorgung. Arbeitslosigkeit, Finanzsorgen, Partnerschaftskonflikte, der Tod oder die Erkrankung von Angehörigen können Erkrankungszustände auslösen, den Verlauf und die hausärztliche Beratung beeinträchtigen. Über die Sicht der Patient:innen auf den Umgang mit sozialen Problemen in der Hausarztpraxis ist bisher wenig bekannt.

Fragestellung: Hausärztliche Patient:innen wurden zum Auftreten von sozialen Problemen im eigenen Leben befragt. Ergänzend wurden sie gebeten, Handlungserwartungen an sich und ihre Hausärzt:innen zu dokumentieren, um erwünschte Unterstützungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Methoden: Querschnittliche, anonyme Wartezimmer-Fragebogenstudie in neun hausärztlichen Praxen in der Metropolregion Hamburg, die anhand ihrer sozialräumlichen Lage stratifiziert wurden. Der Fragebogen thematisierte 14 unterschiedliche soziale Problemlagen, aus den Kapiteln Z von ICPC-2 und ICD-10.

Ergebnisse: 336 Patient:innen (53,1% weiblich, 46,9% männlich, MW Alter 46,6 J., Spanne 18-94 J.) nahmen teil. Krankheit/Tod von Angehörigen oder Freunden (63,3%), Belastungen am Arbeitsplatz (37%) und Konflikte mit nahestehenden Personen (36,4%) waren die häufigsten genannten Probleme. Der überwiegenden Mehrheit konnte in der Praxis geholfen werden. Die Patient:innen bevorzugten es, Probleme selbst anzusprechen (Einsamkeit 55,6%, Arbeitslosigkeit 57,2%, Krankheit/Tod von Angehörigen oder Freunden 61,9%, Pflege von Familienangehörigen 61,1%, Sucht/Abhängigkeit 56,1%). Bei „Missbrauch oder körperlicher bzw. seelischer Misshandlung“ sprachen sich 48,4% für die aktive Thematisierung durch die Hausärzt:in aus. Zur Unterstützung wünschten sich die Patient:innen Broschüren, Adressen und Kontakte zur Sozialberatung sowie zu Selbsthilfegruppen. Die sozialräumlichen Lage der Praxis hatte keinen Einfluss.

Diskussion: Patient:innen sehen in ihren Hausärzt:innen eine wichtige Ressource bei sozialen Problemen. Allerdings möchten Patient:innen mehrheitlich selbst die aktive Gesprächsführung übernehmen. Die von den Patient:innen erwünschte Zusammenstellung und das Vorhalten von Informationen setzt ein hohes, im KV-System nicht vergütetes Engagement der Hausärzt:innen voraus.

Take Home Message für die Praxis:

  • Patient:innen nehmen Broschüren und Flyer gerne an.
  • Patient:innen haben differenzierte Erwartungen an ihre Hausärzt:innen.
  • Hausärzt:innen können soziale Probleme mit der gebotenen Rücksicht/Feinfühligkeit thematisieren.