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55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Lübeck, 16. - 18.09.2021

Einsamkeit während der Social-Distancing-Maßnahmen im Rahmen der COVID-19-Pandemie in Deutschland

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Wolfram Herrmann - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland
  • Pichit Buspavanich - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland; Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane, Deutschland
  • Maximilan Berger - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland; Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane, Deutschland
  • Tara Luna Majri - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland
  • Paul Gellert - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Lübeck, 16.-18.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocV-13-03

doi: 10.3205/21degam072, urn:nbn:de:0183-21degam0722

Veröffentlicht: 17. September 2021

© 2021 Herrmann et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: In der Covid-19-Pandemie kam es im Rahmen der Pandemiebekämpfung zur Einschränkung der sozialen Kontakte insbesondere während der sogenannten „Lockdowns“. Dabei war unklar, welchen Einfluss diese Maßnahmen auf Einsamkeit in der Bevölkerung hatten, insbesondere bei vulnerablen Gruppen wie lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans-, inter- und asexuellen (LGBTIA+) Menschen.

Fragestellung:

  • Wie hoch war die Einsamkeit in der deutschen Bevölkerung während der Maßnahmen des Social Distancings in der Covid-19-Pandemie 2020/2021?
  • Zeigen LGBTIA+ Menschen eine erhöhte Einsamkeit im Vergleich zu cis-heterosexuellen Personen?

Methoden: Wir führten eine Online Befragung mit zwei Befragungswellen (März/April 2020 und Januar/Februar 2021) während des ersten und zweiten Lockdowns in Deutschland durch. Einsamkeit wurde mittels der De Jong Gierveld Short Scale gemessen. Zusätzlich enthielt der Fragebogen u.a. Fragen zu sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität, sozialen Kontakten, Depressivität und Gesundheitsversorgung. Mittels R wurden deskriptive und Regressionsanalysen durchgeführt.

Ergebnisse: An der ersten Befragungswelle nahmen 2.641 und an der zweiten Befragungswelle 4.143 Menschen teil. Von den insgesamt 6.784 Teilnehmer*innen waren 5.442 Menschen LGBTIA+, 1.035 cis-hetero und 352 diesbezüglich nicht zuzuordnen. Die Einsamkeit war in allen Gruppen höher als Vergleichswerte aus Befragungen außerhalb der Pandemie. Ebenso nahm die Einsamkeit von der ersten zur zweiten Welle zu. Risikofaktoren für eine erhöhte Einsamkeit waren ohne eine*n Partner*in zu sein, alleine zu leben, nicht zu arbeiten und LGBTIA+ zu sein. Insbesondere asexuelle (52%), trans (49%) und non-binäre Menschen (48%) hatten ein stark erhöhtes Risiko für Einsamkeit verglichen mit Cis-hetero-Menschen (20%). Einsamkeit war mit depressiver Symptomatik assoziiert.

Diskussion: Das Sampling der Studie ist nicht repräsentativ, jedoch sind die Zusammenhänge über beide Befragungswellen konstant und die Fallzahl für LGBTIA+ sehr groß im Vergleich zu anderen Studien. Es bleibt unklar, ob bei asexuellen, trans und non-binären Menschen die Einsamkeit auch außerhalb der Pandemie deutlich erhöht ist.

Take Home Message für die Praxis: Hausärzt*innen sollten ihre LGBTIA+-Patient*innen gezielt nach Einsamkeit fragen und lokale LGBTIA+-Organisationen als Ansprechpartner*innen kennen.