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55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Lübeck, 16. - 18.09.2021

Erfahrungen und Erwartungen von Angehörigen von Patienten mit Migrationshintergrund mit Gedächtnisproblemen oder Demenz in der Hausarztpraxis: eine Interviewstudie

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Veronika van der Wardt - Philipps-Universität Marburg, Abteilung für Allgemeinmedizin, präventive und rehabilitative Medizin, Marburg, Deutschland
  • Cheng Wieli Shan - Philipps-Universität Marburg, Abteilung für Allgemeinmedizin, präventive und rehabilitative Medizin, Marburg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 55. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Lübeck, 16.-18.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. DocV-02-01

doi: 10.3205/21degam007, urn:nbn:de:0183-21degam0072

Veröffentlicht: 17. September 2021

© 2021 van der Wardt et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: In Deutschland leben zunehmend Menschen mit Demenz und Migrationshintergrund, die häufig von Angehörigen zuhause gepflegt werden. Die Bedarfe von pflegenden Angehörigen (PA) mit Migrationshintergrund an Hausärzt*innen (HÄ) sind unklar, die Erfahrungen und Erwartungen dieser Bevölkerungsgruppe sind in Deutschland nicht hinreichend untersucht.

Fragestellung: Wie erleben und erfahren PA von Menschen mit Gedächtnisproblemen oder Demenz, die einen Migrationshintergrund haben, die hausärztliche Versorgung in Deutschland? Welche Erwartungen haben sie an HÄ?

Methoden: 18 PA mit nicht-deutschsprachigem Migrationshintergrund wurden über Hausarztpraxen oder Hilfsorganisationen rekrutiert, die einen Menschen mit Gedächtnisproblemen oder Demenz zuhause pflegen. Es wurden semistrukturierte, leitfadengestützte Interviews (3 persönlich, 15 telefonisch) durchgeführt. Die Interviews wurden aufgezeichnet, wörtlich transkribiert und thematisch mithilfe der Software MAXQDA analysiert.

Ergebnisse: Vorläufig konnten 5 Hauptthemen identifiziert werden. (1) Belastung (2) Vertrauen in HÄ (3) HÄ als Koordinationszentren (4) Barrieren bzgl. der Beratung (5) Initiative.

Die PA geben hohe Pflegebelastungen an. Pflege zuhause gilt häufig als einzige Möglichkeit, beispielsweise weil kultur- und demenzspezifische Angebote fehlen. HÄ werden als Vertrauenspersonen und medizinische Koordinationszentren gesehen. Gleichzeitig bestehen Barrieren, vor allem bezüglich Beratung, die die Arztbeziehung beeinträchtigen. Beispielsweise empfinden PA teilweise eine eingeschränkte Handlungsfähigkeit der HÄ bei der Demenzversorgung und dadurch fehlende Unterstützung. PA fühlen sich verpflichtet, selbst Initiative zu zeigen, um angemessene Demenzversorgung zu erhalten, beispielsweise bezüglich Informationsbeschaffung. Es wird oft erwartet, dass mehr Initiative von HÄ kommt.

Diskussion: HÄ spielen eine zentrale Rolle für PA. Die große Bandbreite an Migrationshintergründen begrenzt die Studie.

Take Home Message für die Praxis: PA finden vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehungen und Beratung bezüglich Demenz und Pflege wichtig. Die Pflegesituation sollte individuell berücksichtigt werden, da Pflege zuhause oft als einzige Möglichkeit gesehen wird. HÄ sollten dabei Initiative ergreifen und Probleme der PA von sich aus ansprechen.