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53. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Erlangen, 12. - 14.09.2019

Wie sicher sind Medizinstudierende im Umgang mit Evidenz bei klinischen Fragestellungen? Eine Querschnittstudie mittels Fragebogen

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Luca Frank - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), Allgemeinmedizinisches Institut, Erlangen, Deutschland
  • Susann Hueber - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), Allgemeinmedizinisches Institut, Erlangen, Deutschland
  • Piet van der Keylen - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), Allgemeinmedizinisches Institut, Erlangen, Deutschland
  • Marco Roos - Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), Allgemeinmedizinisches Institut, Erlangen, Deutschland

53. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Erlangen, 12.-14.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocV22-05

doi: 10.3205/19degam038, urn:nbn:de:0183-19degam0386

Veröffentlicht: 11. September 2019

© 2019 Frank et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Aufklärung und Beratung zu diagnostischen Tests gehört zu den von Ärztinnen und Ärzten höchstpersönlich zu erbringenden Leistungen. Dazu müssen sie Evidenz bewerten und deren Erkenntnisse in den Praxisalltag integrieren. Klinische Entscheidungen sollten auf Basis der Evidenz getroffen werden. Wie gut die aktuelle medizinische Ausbildung auf diese evidenzbasierte klinische Entscheidungsfindung vorbereitet, ist weitgehend unklar.

Fragestellung: Deshalb wurde untersucht, wie sicher Medizinstudierende bei der klinischen Entscheidungsfindung anhand von epidemiologischen Zahlen aus der Evidenz sind. Es wurde geprüft, ob die Entscheidungssicherheit mit höherem Fachsemester steigt, ob wissenschaftlich tätige Medizinstudierende dabei eine höhere Entscheidungssicherheit zeigen, und ob die Darstellung der Zahlen als Piktogramm versus Tabelle die Entscheidungssicherheit positiv beeinflusst.

Methoden: Es wurde eine Onlinebefragung der Medizinstudierenden aus Erlangen durchgeführt. Diesen wurden drei klinische Entscheidungssituationen in Form von Früherkennungs-Szenarien in zufälliger Reihenfolge zur Bewertung vorgelegt. Dabei musste jeweils auch die Entscheidungssicherheit angegeben werden. Die Szenarien enthielten ausschließlich epidemiologische Zahlen zu existierenden Früherkennungsmaßnahmen. Für jedes Szenario wurde randomisiert zugeteilt, ob die Zahlen als Tabelle oder Piktogramm dargestellt wurden. Um falsche Sicherheit durch vorgefasste Meinungen zu umgehen, wurden weder die Erkrankungen noch die Maßnahmen namentlich erwähnt.

Ergebnisse: Antworten von 171 Studierenden wurden ausgewertet. Die Entscheidungssicherheit im Umgang mit den Zahlen steigt nicht in höheren Fachsemestern (rPearson = 0.018, p = 0.81). Eine wissenschaftliche Tätigkeit ist nicht mit einer höheren Entscheidungssicherheit assoziiert (t (169) = ‑1.26, p = 0.21, d = ‑0,19). Die Darstellung als Piktogramm führt im Vergleich zur Tabelle zu einer höheren Entscheidungssicherheit (Piktogramm: M = 2.33, SD = 1.07, Zahlentabelle: M = 2.64, SD = 1.11, t (511) = 3.21, p < 0.01, d = 0,28).

Diskussion: Medizinstudierende aus höheren Fachsemestern zeigen keine höhere Entscheidungssicherheit im Vergleich zu niedrigeren Fachsemestern. Ebenso ist kein Unterschied zwischen Studierenden mit und ohne wissenschaftliche Tätigkeit erkennbar. Wird Evidenz in Form von Piktogrammen aufbereitet, so scheint dies, die Sicherheit der Studierenden bei Entscheidungen zu verbessern.

Take Home Message für die Praxis: Curriculare Veranstaltungen und wissenschaftliche Tätigkeit, wie eine Doktorarbeit, scheinen die benötigten Kompetenzen für eine evidenzbasierte klinische Entscheidungsfindung bisher nicht ausreichend zu stärken.