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53. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Erlangen, 12. - 14.09.2019

Langzeitversorgung nach Schlaganfall, ungedeckter Bedarf aus Sicht von Patient*innen – eine qualitative Interviewstudie

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Sofia Banzhoff - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland
  • Christoph Heintze - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland
  • Susanne Döpfmer - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland

53. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Erlangen, 12.-14.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocV15-03

doi: 10.3205/19degam025, urn:nbn:de:0183-19degam0250

Veröffentlicht: 11. September 2019

© 2019 Banzhoff et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Im Rahmen des BMBF-geförderten Verbundprojektes Navicare wird unter anderem die Versorgungssituation von Patient*innen nach stattgehabtem Schlaganfall untersucht.

Die Behandlung durch mehrere Akteur*innen und die Komplexität der Bedarfe stellen die behandelnden Hausärzt*innen und die Betroffenen vor große Herausforderungen. Insbesondere die Schwierigkeit einer erfolgreichen Koordination der Versorgung sowie ungedeckte sozialen Bedürfnisse der Patient*innen zeigten sich bereits in Interviews mit Hausärzt*innen. Von Interesse war nun speziell die Perspektive der Patient*innen, bei denen der Schlaganfall schon länger zurück liegt. Unsere Annahme war, dass lange nach Abschluss der Akutversorgung Bedarfe in den Vordergrund rücken, die nicht mehr krankheitsspezifisch sind.

Fragestellung: Welchen ungedeckten Bedarf haben Patient*innen, die in privatem Haushalt leben, nach länger zurückliegendem Schlaganfall? Welche Unterstützung wünschen sie sich?

Methoden: Es werden nicht-standardisierte Leitfadeninterviews mit Patient*innen, deren Schlaganfall mindestens 2 Jahre zurückliegt, durchgeführt und inhaltsanalytisch in einem deduktiv-induktivem Prozess nach Mayring ausgewertet.

Ergebnisse: Unterstützungsbedarf und Coping variieren sehr stark. Das Ausmaß der residuellen Einschränkungen sowie das Vorhandensein von Angehörigen sind erwartungsgemäß wichtige Kriterien für weiteren Unterstützungsbedarf. Patient*innen, die mit nicht erkrankter Partner*in leben, nehmen wenig externe Unterstützungsmöglichkeiten in Anspruch. Vielfach wird geäußert, dass nur die Hilfe erhältlich ist, die aktiv erfragt wird. Dazu sind Betroffene in sehr unterschiedlichem Maße in der Lage. In den Interviews wurde deutlich, dass Patient*innen kaum Wünsche zu ihrer Versorgung formulieren können.

Diskussion: Der Bedarf an Versorgung nach einem länger zurückliegenden Schlaganfall ist von vielen individuellen Faktoren abhängig. Wir vermuten, dass sich nach der Akutversorgung ein Status Quo einspielt, der dazu führen kann, dass Patient*innen keine Wünsche und keinen Bedarf mehr äußern. In den Interviews festgestellte Bedarfe beziehen sich eher auf den Umgang mit den Einschränkungen im Alltag als auf konkrete neurologische Probleme.

Take Home Message für die Praxis: Chronisch kranke Patient*innen sollten regelmäßig nach Wünschen zur Verbesserung ihrer Situation gefragt werden, und es sollten immer wieder aktiv Angebote gemacht werden, auch wenn die Betroffenen keine Wünsche äußern wollen/können.