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53. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Erlangen, 12. - 14.09.2019

Das Pictor-Interview – eine qualitative Erhebungsmethode von geriatrischen Patientenerfahrungen im Rahmen der RubiN-Studie

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Fabian Engler - Johann Wolfgang Goethe-Universität, Institut für Allgemeinmedizin, Deutschland
  • Katja Götz - Universität zu Lübeck, Institut für Allgemeinmedizin, Lübeck, Deutschland
  • Volker E. Amelung - Institut für angewandte Versorgungsforschung GmbH, Deutschland
  • Lysann Kasprick - GeriNet Leipzig, Deutschland
  • Sonja Laag - BARMER Krankenkasse, Hauptverwaltung, Produktentwicklung & Versorgungsmanagement, Deutschland
  • Claudia Schrewe - Büro für Netzarbeit, Deutschland
  • Hanna Sydow - Institut für angewandte Versorgungsforschung GmbH, Deutschland
  • Neeltje van den Berg - Universität Greifswald, Institut für Community Medicine, Abt. Versorgungsepidemiologie & Community Health, Greifswald, Deutschland
  • Ferdinand M. Gerlach - Johann Wolfgang Goethe-Universität, Institut für Allgemeinmedizin, Deutschland
  • Karola Mergenthal - Johann Wolfgang Goethe-Universität, Institut für Allgemeinmedizin, Deutschland

53. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Erlangen, 12.-14.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocV11-03

doi: 10.3205/19degam003, urn:nbn:de:0183-19degam0037

Veröffentlicht: 11. September 2019

© 2019 Engler et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Patientenerfahrungen liefern eine wichtige Datengrundlage zur Evaluation von Versorgungsmaßnahmen im Gesundheitswesen. Für deren Erhebung sind oftmals qualitative Methoden wie z.B. narrative und Intensivinterviews besonders geeignet. Allerdings ist die erfolgreiche Anwendung dieser Methoden immer zu einem gewissen Grad von der jeweiligen sprachlichen Befähigung der Interviewpartner abhängig, was für die Forschungsarbeit insbesondere mit geriatrischen Patientengruppen eine Herausforderung darstellen kann.

Fragestellung: Welche Möglichkeiten bietet das Pictor-Interview zur Erhebung von Versorgungserfahrungen am Beispiel einer Befragung von geriatrischen Patienten?

Methoden: Bei einem Pictor-Interview bitten wir unsere Gesprächspartner sich alle Menschen, Dienste und sonstigen Faktoren, die an ihrer alltäglichen Versorgung beteiligt sind, auf pfeilförmige Haftzettel zu notieren und diese anschließend auf einem Blatt Papier so anzubringen, dass das dadurch entstehende Bild die individuelle „Versorgungslandschaft“ des Patienten repräsentiert. Anschließend erläutern die Teilnehmer das Schaubild und gehen auf Nachfragen des Interviewers ein.

Ergebnisse: Die beim Interview erstellte Visualisierung hilft den Teilnehmern, eigene (neue) Sichtweisen auszudrücken, Aussagen zu reflektieren, Gedanken zu ordnen, das Tempo des Interviews selbst zu bestimmen und schwierige Themen und komplexe Zusammenhänge, über die zu sprechen eventuell schwerfällt, anzudeuten. Für den Interviewer ist die Visualisierungstechnik hilfreich, um offene Fragen zu stellen, ohne die Teilnehmer zu überfordern, um das Interview zu fokussieren, vermeintliche Nebensächlichkeiten nicht zu übergehen, Aussagen im Laufe des Interviews (wieder) aufzugreifen und konkretisierende Nachfragen zu stellen und generell die Erfahrungen der Teilnehmer besser zu verstehen.

Diskussion: Problemen, die bei qualitativer Befragung insbesondere von geriatrischen Patienten aus verminderter Konzentrations- und Merkfähigkeit, eingeschränkter Sprachbefähigung und anderen alters- und krankheitsbedingten Einschränkungen resultieren können, begegnet das Pictor-Interview durch Einführung eines teilnehmergesteuerten, visuellen Elements. Dadurch liegt ein Verfahren vor, das die Interviewsituation grundsätzlich vereinfacht ohne dabei das Spektrum möglicher Ergebnisse zu limitieren oder ihre qualitative Aussagekraft zu reduzieren.

Take Home Message für die Praxis: Das Pictor-Interview bietet eine effektive und für das Anwendungsfeld der geriatrischen Versorgungsforschung angemessene Möglichkeit, Patientenerfahrungen qualitativ zu erheben.