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52. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

13.09. - 15.09.2018, Innsbruck, Österreich

Sollten Hausärzt_innen die sexuelle Orientierung ihrer Patient_innen kennen? Ergebnisse einer qualitativen Experteninterviewstudie

Meeting Abstract

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  • W. Herrmann - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland
  • S. X. Lu - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland
  • A. Schuster - Charité – Universitätsmedizin Berlin, Institut für Allgemeinmedizin, Berlin, Deutschland

52. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Innsbruck, Österreich, 13.-15.09.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18degam093

doi: 10.3205/18degam093, urn:nbn:de:0183-18degam0939

Veröffentlicht: 10. September 2018

© 2018 Herrmann et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Die Bedeutung der sexuellen Orientierung für die hausärztliche Versorgung ist in Deutschland bisher wenig diskutiert. Einzelne Studien zeigen für lesbische Frauen, dass ihren Hausärzt_innen die sexuelle Orientierung meist nicht bekannt ist. Gleichzeitig ist international die höhere Prävalenz psychischer Erkrankungen aufgrund von Minority Stress bei schwulen und lesbischen Patient_innen ebenso beschrieben wie die Bedeutung der Kenntnis der sexuellen Orientierung durch Hausärzt_innen.

Fragestellung: Wie ist die hausärztliche Versorgungssituation schwuler und lesbischer Patient_innen in Deutschland?

Methoden: Wir führten mit acht Expert_innen aus verschiedenen Bereichen (Lesbenberatung, Schwulenberatung, Ärztekammer, Aidshilfe, HIV-Schwerpunktpraxen, Wissenschaft) leitfadengestützte explorative Experteninterviews durch. Die Auswertung erfolgte mittels der Globalauswertung nach Legewie und durch Zusammenstellung und Typisierung der Antworten nach Themenbereich.

Ergebnisse: Die Frage der Information der Hausärzt_innen über die sexuelle Orientierung ihrer Patient_innen war eine zentrale für die Expert_innen. Überwiegend fanden die Expert_innen es wichtig, dass Hausärzt_innen die sexuelle Orientierung ihrer Patient_innen kennen. Zwei Expert_innen fanden jedoch, dass dies nicht immer notwendig sei. Prinzipiell gab es zwei Ansätze: Die sexuelle Orientierung gezielt abzufragen, oder über Formulierungen Offenheit für jegliche sexuelle Orientierung zu signalisieren. Alle Expert_innen betonen die Wichtigkeit, Offenheit und Akzeptanz aktiv zu kommunizieren.

Diskussion: Die Interviews stellen eine Bandbreite von Einstellungen zur Berücksichtigung sexueller Orientierung dar. Sie bieten daher einen wichtigen explorativen Einstieg in die Thematik. Die Sichtweise auf dieses Thema sollte zukünftig durch Interviews mit Hausärzt_innen und schwulen und lesbischen Patient_innen trianguliert werden.

Take Home Message für die Praxis: In der Hausarztpraxis sollte man Offenheit für schwule und lesbische Patient_innen kommunizieren. Innerhalb der Praxis sollte man diskutieren, ob Patient_innen aktiv nach ihrer sexuellen Orientierung gefragt werden, beispielsweise auf dem Anamnesebogen.