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52. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

13.09. - 15.09.2018, Innsbruck, Österreich

Verordnungsverhalten von Protonenpumpeninhibitoren in Pflegeheimen: Ergebnisse einer Sekundärdatenanalyse

Meeting Abstract

  • M. Wegener - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Halle, Deutschland
  • A. Berg - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Halle, Deutschland
  • S. Fleischer - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Halle, Deutschland
  • G. Meyer - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät, Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Halle, Deutschland; Epcentcare Konsortium
  • U. Wolf - Universitätsklinikum Halle (Saale), Pharmakotherapie-Management, Halle, Deutschland

52. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Innsbruck, Österreich, 13.-15.09.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18degam034

doi: 10.3205/18degam034, urn:nbn:de:0183-18degam0341

Veröffentlicht: 10. September 2018

© 2018 Wegener et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Trotz erheblicher Risiken werden Protonenpumpeninhibitoren (PPI) häufig ohne erkennbare Indikation und zu hoch und/oder lange verordnet.

Fragestellung: Das aktuelle Verordnungsverhalten bei Pflegeheimbewohner/-innen soll ermittelt werden.

Methoden: In einer Sekundärdatenanalyse der Baseline-Daten der vom BMBF geförderten Cluster-randomisierten kontrollierten Studie EPCentCare erfolgte die Prüfung der adäquaten PPI-Verordnung sowohl hinsichtlich 1. Indikationsstellung als auch 2. Dosierung unter Berücksichtigung sämtlicher aktuell verfügbarer a). Leitlinien-Empfehlungen und b). Zulassungsspektren der jeweiligen Fachinformationen.

Ergebnisse: Das mittlere Alter der 437 Bewohner/-innen aus 37 Pflegeheimen in Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein beträgt 83±9,2 Jahre; 71,9 % sind weiblich. Die Prävalenz einer PPI-Verordnung beträgt 44,2% (n=193). Bei 138 (71,5 %) der Bewohner/-innen liegt eine adäquate Verordnungsindikation vor, bei 52 (26,9 %) hingegen nicht und bei 1,6% bleibt dies unklar. Bei 54 Teilnehmer/-innen (28%) mit korrekter Indikation besteht jedoch eine fehlerhafte Überdosierung von PPI. Für weniger als ein Drittel der adäquaten Verordnungen ist eine zugelassene Fachinformations-Indikationen zu verzeichnen, mehrheitlich nach Leitlinien-Empfehlungen. Für eine inadäquate, nicht indizierte Verordnung findet sich ein leicht erhöhtes, signifikantes Risiko mit steigender Gesamtzahl verordneter Medikamente [OR] 1,32; 95 % CI 1,18-1,62; p=0,013. Keine signifikant assoziierten Risiken zeigen Alter, Pflegestufe, Anzahl chronischer Erkrankungen (hier jedoch erhöhtes Risiko mit OR 1,9; 95 % CI 0,16-1,14), Demenz, Verordnung psychotrop wirksamer Medikamente, Häufigkeit von Arztbesuchen oder das Studienzentrum (Region).

Diskussion: Trotz z.T. großzügiger Leitlinien-Empfehlungen ist die „deutschlandweit“ hohe Prävalenz einer PPI-Verordnung in Pflegeheimen bei >55% der Bewohner/-innen fehlindiziert respektive überdosiert.

Take Home Message für die Praxis: Es besteht ambulanter, sektorenübergreifender Handlungsbedarf hinsichtlich einer endlich verantwortungsvollen Indikationsstellung und regelmäßigen Überprüfung der PPI-Verordnung analog einer etablierten Implementierung (UKH) im klinischen Sektor.