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50. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

29.09. - 01.10.2016, Frankfurt am Main

Wie bewerten Hausärzte Thromboembolie- und Blutungsrisiko von Patienten mit Vorhofflimmern bei der Entscheidung für orale Antikoagulation?

Meeting Abstract

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  • R. Preuß - Universitätsmedizin Greifswald Institut für Community Medicine, Abteilung Allgemeinmedizin, Greifswald
  • J.-F. Chenot - Universitätsmedizin Greifswald Institut für Community Medicine, Abteilung Allgemeinmedizin, Greifswald
  • A. Angelow - Universitätsmedizin Greifswald Institut für Community Medicine, Abteilung Allgemeinmedizin, Greifswald

50. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Frankfurt am Main, 29.09.-01.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16degam109

doi: 10.3205/16degam109, urn:nbn:de:0183-16degam1091

Veröffentlicht: 19. September 2016

© 2016 Preuß et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Das erhöhte Thromboembolierisiko bei Vorhofflimmern (VHF) kann durch orale Antikoagulationstherapie (OAK) signifikant reduziert werden. Häufiger Grund für OAK-Nichtverordnung ist ein erhöhtes Blutungsrisiko. Zur Abwägung zwischen Blutungs- und Thromboembolierisiko sollten CHA2DS2-VASC-Score und HAS-BLED-Score als klinische Entscheidungshilfen herangezogen werden.

Fragestellung: Wie werden Thromboembolie- und Blutungsrisiko bei der Therapieentscheidung bei Patienten mit VHF berücksichtigt?

Wie gut schätzen Hausärzte das individuelle Blutungsrisiko ein?

Methoden: Für diese Querschnittstudie wurden Patienten mit VHF im Zeitraum von 7/2011–6/2012 aus der Praxisdokumentation identifiziert, Daten zur Demographie, Medikation und Komorbiditäten anhand eines strukturierten Fragebogens erfasst und mit dem Arzt ergänzt. CHA2DS2-VASC- und HAS-BLED-Score wurden berechnet und verglichen.

Ergebnisse: 927 Patienten (54% Männer, Ø=75 Jahre) mit VHF wurden identifiziert. 93% (860/927) hatten eine OAK-Indikation. Davon lag bei 434 (50%) Patienten ein hohes Blutungsrisiko vor (HAS-BLED-Score≥3). Ein hoher CHA2DS2-VASC-Score war grundsätzlich mit einem erhöhten Blutungsrisiko assoziiert. Der Anteil der Patienten mit OAK betrug bei einem CHA2DS2-VASC-Score=2 53% und nahm bis zu einem CHA2DS2-VASC-Score=7 auf 75% zu. Bei einem HAS-BLED-Score≤4 entschieden sich die Hausärzte in >60% der Fälle für OAK.

Innerhalb der Patientengruppe ohne OAK lag ein HAS-BLED-Score≥3 bei 64% (154/239) der Patienten und ein erhöhtes Blutungsrisiko nach Einschätzung der behandelnden Hausärzte bei 17% (41/239) der Patienten vor (Sensitivität 80%, 95%-CI 68%-93%, Spezifität 39%, 95%-CI 32%-46%).

Diskussion: Eine individuelle Risikoabwägung durch den Hausarzt führt trotz hohem Blutungsrisiko bei gleichzeitig erhöhtem Thromboembolierisiko häufig zur OAK-Verordnung. Wurde von den behandelnden Hausärzten ein erhöhtes Blutungsrisiko angenommen, war diese Annahme in den meisten Fällen korrekt.