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50. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

29.09. - 01.10.2016, Frankfurt am Main

Patienten mit somatoformen Störungen: Höhere Inanspruchnahme im hausärztlichen Bereitschaftsdienst?

Meeting Abstract

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  • R. Leutgeb - Universitätsklinikum Heidelberg Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg
  • J. Szecsenyi - Universitätsklinikum Heidelberg Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg
  • G. Laux - Universitätsklinikum Heidelberg Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg

50. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Frankfurt am Main, 29.09.-01.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16degam066

doi: 10.3205/16degam066, urn:nbn:de:0183-16degam0669

Veröffentlicht: 19. September 2016

© 2016 Leutgeb et al.
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Gliederung

Text

Hintergrund: Zahlreiche Studien belegen, dass somatoforme Störungen mit einer höheren Inanspruchnahme im ambulanten und stationären Versorgungssektor assoziiert sind. Ob eine erhöhte Inanspruchnahme zur Unzeit im hausärztlichen Bereitschaftsdienst vorliegt, ist für Deutschland weitgehend unbekannt.

Fragestellung: Es wird angenommen, dass Patienten mit somatoformen Störungen (ICD-10: F45) ebenfalls überdurchschnittlich häufig im Setting des ärztlichen Bereitschaftsdienstes gesehen werden, deren Beschwerden aber auf Grund des kurzen Arzt-Patientenkontaktes und fehlender Hintergrundinformation über den Patienten nicht adäquat eingeschätzt werden.

Methoden: Im Rahmen der hausarztzentrierten Versorgung von AOK-Patienten in Baden-Württemberg wurden in dieser Studie retrospektiv sämtliche Beratungsanlässe von Patienten im Bereitschaftsdienst aus dem Jahr 2014 ausgewertet und mit den zur Verfügung stehenden Daten dieser Patienten aus der regulären primärärztlichen Versorgung verglichen. Die EBM-Notdienstziffern dienten zur Identifikation der Beratungsanlässe im Bereitschaftsdienst.

Ergebnisse: 3.813.398 AOK-Versicherte wurden in die Studie einbezogen. Davon hatten 350.528 (9,2%) Patienten eine gesicherte F45-Diagnose. Im Vergleich zur gesamten Studienpopulation waren diese Patienten um über 7 Jahre älter (51,7 vs. 44,0 Jahre) und der Anteil der weiblichen Patienten war deutlich höher (70,1% vs. 53,3%). Die alters-, geschlechts- und morbiditätsadjustierte Kontaktrate der Patienten mit somatoformen Störungen lag um 60,1% über der der Vergleichspopulation. Die Diagnose F45 wurde für nur 0,89% der Patienten im hausärztlichen Bereitschaftsdienst gestellt.

Diskussion: Diese neuen Ergebnisse legen nahe, dass ein zusätzlicher Schulungsbedarf die Wahrnehmung der Bereitschaftsdienstärzte im gegebenen Kontext vor dem Hintergrund etwaiger Überdiagnostik und nicht notwendiger therapeutischer Maßnahmen besser schärfen könnte.