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37. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung (DAV 2019)

09.01. - 12.01.2019, Schladming, Österreich

Die Behandlung von Flusssäure-Verätzungen mit Hexafluorine zur initialen Dekontamination – das Stuttgarter Behandlungskonzept

Meeting Abstract

  • M. Rapp - Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Wiederherstellungschirurgie, Zentrum für Schwerbrandverletzte, Marienhospital, Stuttgart, Deutschland
  • F. F. Al-Shukur - Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Wiederherstellungschirurgie, Zentrum für Schwerbrandverletzte, Marienhospital, Stuttgart, Deutschland
  • K. Junghardt - Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Wiederherstellungschirurgie, Zentrum für Schwerbrandverletzte, Marienhospital, Stuttgart, Deutschland
  • U. C. Liener - Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Wiederherstellungschirurgie, Zentrum für Schwerbrandverletzte, Marienhospital, Stuttgart, Deutschland

Deutschsprachige Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung. 37. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung (DAV 2019). Schladming, Österreich, 09.-12.01.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc13

doi: 10.3205/19dav13, urn:nbn:de:0183-19dav135

Veröffentlicht: 8. Januar 2019

© 2019 Rapp et al.
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Gliederung

Text

Einleitung: Verätzungen mit Säuren und Laugen stellen nur einen kleinen Anteil der Patienten in einem Zentrum für Brandverletzte dar. Bei Verätzungen mit Flusssäure kommt es in Abhängigkeit von der Konzentration und der Kontaktdauer zu einer erheblichen Schädigung des Gewebes mit Zellnekrosen und zu biochemischen Veränderungen. Die Toxizität kann zu schweren lokalen und systemischen Effekten mit einem möglichen letalen Ausgang führen.

Material und Methode: Neben der topischen Behandlung von Flusssäure-Verätzungsareale mit 2,5%-igem Calziumglukonat-Gel, gegebenenfalls lokaler Infiltration mit 10%-iger Calziumglukonat-Lösung und intraarterieller Gabe von 10%-iger Calziumglukonat-Lösung stellt die initiale Dekontamination mit Hexafluorine®-Spülflüssigkeit einen wichtigen Bestandteil in unserer Behandlung von Flusssäureverätzungen dar.

Bei Hexafluorine® handelt es sich um eine amphotere, hypertone und polyvalente Verbindung, die sowohl das H+ als auch das F- ohne wesentliche Hitzewirkung bindet. Durch die Verwendung von Hexafluorine® kann der ph-Wert äußerst schnell in einen akzeptablen, physiologischen Bereich gebracht werden. Durch die Fähigkeit, mit den Fluoridionen Chelate zu bilden, kann die toxische Wirkung auf die Zellen verhindert bzw. gestoppt werden. Das Eindringen der Säure in tiefe Gewebebereiche kann gestoppt werden, indem es einen Rückfluss im Gewebe von innen nach außen erzeugt.

Ergebnis: Im Marienhospital Stuttgart wurden im Zeitraum von 2005 bis 2016 insgesamt 1668 Patienten mit Verbrennungen stationär behandelt. Davon hatten sich insgesamt 40 Patienten (2,5 %) Verätzungen mit Säuren (n=19) und Laugen (n=21) zugezogen. Verätzungen mit Flusssäure mit n=5 waren die zweithäufigsten Säureverätzungen nach Verätzungen mit Schwefelsäure (n=6). 5 Patienten (4 Männer, 1 Frau) mit einem mittleren Alter von 29,4 Jahren (+/- 11,3 Jahren, Median 27) erlitten im Rahmen eines Arbeitsunfalls Flusssäureverätzungen mit einer mittleren KOF von 1,37 % (+/- 1,49 %, Median 0,5) und einem mittleren ABSI von 3,2 (+/- 0,84, Median 3).

Nach der topischen Spülung mit Hexafluorine® konnte ein kühlender Effekt mit deutlicher Schmerzreduktion und geringer lokaler Toxizität ohne wesentliches Nachtiefen der Verätzung beobachtet werden.

Schlussfolgerung: Die Verwendung von Hexafluorine® stellt einen zusätzlichen Baustein in der Erstbehandlung von Verätzungen mit Flusssäure dar, mit dem die toxische lokale und systemische Wirkung der Flusssäure vermindert und die Prognose verbessert werden kann.