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Ethische und juristische Aspekte der Therapielimitierung bei Suizid durch Verbrennung
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Veröffentlicht: | 12. Januar 2016 |
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Gliederung
Text
Einleitung: Patienten nach einem Suizidversuch durch Selbstverbrennung stellen das ärztliche und pflegerische Personal auf einer Schwerbrandverletzteneinheit vor die Frage, in wie weit eine Maximaltherapie durchgeführt werden sollte, ohne den mutmaßlichen Willen des Patienten zu missachten. Insbesondere wird diese Entscheidung durch das Vorliegen von Abschiedsbriefen oder Patientenverfügungen beeinflusst.
Material und Methode: Anhand eines Fallberichtes eines 54 Jahre alten Patienten mit überwiegend 3.-gradigen Verbrennungen über 76 % KOF, einem Inhalationstraums 3. Grades und einem ABSI-Score von 13, der sich in suizidaler Absicht mit Benzin übergossen und angezündet hatte, sollen ethische und juristische Aspekte einer Therapielimitierung diskutiert werden.
Insbesondere soll ein mehrfach mündlich und schriftlich geäußerter Wille des Patienten zu respektieren oder muss man von dem mutmaßlichen Willen des Patienten auf Leben ausgehen und eine Maximaltherapie einleiten?
Ergebnisse: Bei Patienten mit einem Suizidversuch durch Selbstverbrennung muss vor der Entscheidung zur Therapielimitierung geklärt werden, ob der Patient zum Zeitpunkt des Suizidversuchs einsichtig in medizinische Sachverhalte war und ob der Suizidwunsch des Patienten bis zum Schluss unter voller medizinischer Einsichtsfähigkeit aufrecht erhalten wurde.
Liegt bei dem Patienten eine situationsbezogene Handlungsautonomie, dass heißt in der jeweiligen Situation die Fähigkeit, selbstbestimmt zu entscheiden, in hinreichender Masse vor, so ist aus ethischer Sicht der Suizidwunsch zu akzeptieren. Bei der Entscheidung muss der Arzt außerdem ethische Wertvorstellungen des Patienten berücksichtigen, die er unter Umständen weder kennt noch nachvollziehen kann
Stellt die Suizidalität jedoch das Symptom einer psychischen Störung dar, besteht für den Arzt eine Abklärungspflicht und aus Arzt-ethischer Sicht eine Behandlungsaufgabe. Hierbei ist der Tod grundsätzlich als Schaden anzusehen. Den Patienten vor Schaden zu bewahren, ist dabei oberstes Gebot des ärztlichen Handelns („nihil nocere“).
Schlussfolgerung: Angesichts der ethischen, juristischen und medizinischen Schwierigkeiten bei Fragen zur Therapiereduktion oder Therapielimitierung müssen Patienten und ihre Familien zunehmend in die Entscheidungsfindung einbezogen. Über die Einleitung, die weitere Durchführung oder Beendigung einer ärztlichen Maßnahme ist laut Bundesärztekammer gemeinsam zu entscheiden, wobei der maßgebliche Patientenwille im Gespräch zwischen Arzt und Patient beziehungsweise Patientenvertreter erläutert werden muss.
Hilfe in dieser ethisch schwierigen Situation bieten Empfehlungen zur Behandlungsbegrenzung auf Intensivstationen.