gms | German Medical Science

33. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung (DAV 2015)

14.01. - 17.01.2015, Leogang, Österreich

Toxische Epidermale Nekrolyse und Phytotherapeutika

Meeting Abstract

  • A. Limbourg - Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Germany
  • A. Steiert - Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Germany
  • A. Jokuszies - Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Germany
  • K. Young - Department of Plastic Surgery, Frenchay Hospital, Bristol, United Kingdom
  • H. Adams - Stabsstelle für Interdisziplinäre Notfall- und Katastrophenmedizin, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Germany
  • P. Vogt - Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Germany

Deutschsprachige Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung. 33. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung (DAV 2015). Leogang, Österreich, 14.-17.01.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15dav08.03

doi: 10.3205/15dav72, urn:nbn:de:0183-15dav725

Veröffentlicht: 9. März 2015

© 2015 Limbourg et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Hintergrund: Die Toxische Epidermale Nekrolyse (TEN) ist eine seltene Erkrankung mit einer hohen Mortalität. Medikamente werden in 70% der Fälle mit TEN assoziiert; seltener ist ein Zusammenhang mit Malignomen oder Infektionen beschrieben worden. Derzeit nehmen etwa 25% der stationären Patienten Phytotherapeutika ein, die in der Medikamentenanamnese nicht dokumentiert werden. Allergische Reaktionen sind für viele Phytotherapeutika durch variable Dosierungen von phytotherapeutischen Inhaltsstoffen oder durch nicht deklarierte Verunreinigungen beschrieben worden. Eine Assoziation der TEN mit Phytotherapeutika ist bisher nicht bekannt. Wir berichten über drei Patienten mit TEN, bei denen weder die Einnahme einer notorischen TEN-Medikation, noch eine andere bekannte TEN-assoziierte Ursache identifiziert werden konnte.

Methoden und Ergebnisse: Innerhalb eines Jahres wurden drei Patienten aufgenommen, die TEN-Symptome vier bis fünf Tage nach Einnahme von Phytotherapeutika entwickelten. Patient 1 hatte Johanniskraut, Hopfen und Baldriankapseln zur Therapie von Depressionen, Patient 2 eine Mischung aus Methylsulfonylmethan-Kapseln, Selbstbräuner-Kapseln, Incense-Kapseln und Curcumar-Extrakt zur Nahrungsergänzung und Patient 3 Eukalyptusöl-Kapseln zur Therapie eines grippalen Infektes eingenommen. In der objektiven Evaluierung durch den Adverse Drug Reaction (ADR) Probability Scale von Naranjo wurde bei den Patienten 1 und 3 eine „mögliche“ adverse Reaktion durch das Phytotherapeutikum berechnet. Bei Patient 2 bestand hiernach sogar eine „wahrscheinliche“ ARD durch das Phytotherapeutikum. In allen drei Fällen zeigte sich das Phytotherapeutikum nach dem TEN-spezifischen Algorithmus ALDEN (Algorithm for Assesment of Drug Causality in Steven-Johnson Syndrome and Toxic Epidermal Necrolysis) als „mögliche“ Ursache für die Entwicklung der TEN. Damit erreichten die von den Patienten eingenommenen Phytotherapeutika vergleichbare Wahrscheinlichkeitsbewertungen wie notorische mit TEN assoziierte Medikamente.

Conclusio: Diese Beobachtungen beschreiben erstmalig die Assoziation von Phytotherapeutika mit TEN. Es kann ein intrinsischer oder verstärkender Effekt sowie eine Medikamenteninteraktion der Phytotherapeutika oder darin enthaltender Verunreinigungen für die Auslösung der TEN vermutet werden.