gms | German Medical Science

28. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung (DAV 2010)

13.01. bis 16.01.2010, Schladming, Österreich

Diagnostik und Management der Heparin-induzierten Thrombozytopenie (HIT) in deutschsprachigen Verbrennungszentren

Meeting Abstract

  • corresponding author Marc Busche - Medizinische Hochschule Hannover,Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Hannover, Deutschland
  • Karsten Knobloch - Medizinische Hochschule Hannover,Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Hannover, Deutschland
  • Peter M. Vogt - Medizinische Hochschule Hannover,Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Hannover, Deutschland
  • Hans-Oliver Rennekampff - Medizinische Hochschule Hannover,Plastische, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Hannover, Deutschland

DAV 2010. 28. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung. Schladming, Österreich, 13.-16.01.2010. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2010. Doc10dav34

doi: 10.3205/10dav34, urn:nbn:de:0183-10dav341

Veröffentlicht: 30. Juni 2010

© 2010 Busche et al.
Dieser Artikel ist ein Open Access-Artikel und steht unter den Creative Commons Lizenzbedingungen (http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/deed.de). Er darf vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zugänglich gemacht werden, vorausgesetzt dass Autor und Quelle genannt werden.


Gliederung

Text

Ziel: Die HIT II ist eine verzögert einsetzende und potent iell lebensbedrohliche Komplikation der antikoagulativen Therapie mit Heparin. Im Rahmen einer Befragung von deutschsprachigen Verbrennungszentren sollte die antikoagulative Therapie mit Heparin, die Inzidenz von tiefen Beinvenenthrombosen (TBVT) und die Inzidenz, sowie Diagnostik und Management der HIT evaluiert werden.

Patienten und Methoden: Multiple-choice Fragebögen wurden an alle deutschsprachigen Verbrennungszentren in Deutschland, Österreich und der Schweiz versandt. Nachgefragt wurden: Anzahl Verbrennungspatienten (>18 Jahre) und Inzidenz der HIT bei Brandverletzten im Jahr 2008, Screening und Diagnostik der HIT, Verwendung und Steuerung von Ausweichpräparaten zur Antikoagulation, Inzidenz von tiefen Beinvenenthrombosen bei Brandverletzten und Indikation zur Thromboseprophylaxe mit fraktioniertem Heparin (FH) s.c. und unfraktioniertem Heparin (UFH) i.v.

Ergebnisse: Die Rücklaufrate der verschickten Fragebögen betrug 84% (21/25). Das hierdurch erfasste Patientenkollektiv (>18 Jahre) für das Jahr 2008 in den 21 Zentren betrug 1611 intensivpflichtige Verbrennungspatienten (>18 Jahre). Von diesen Patienten hatten 23 eine nachgewiesene HIT (1,4%). TBVT traten mit einer Häufigkeit von 1,1% auf. Eine standardmäßige Antikoagulation mit FH s.c. erfolgte in 38% (8/21) aller Verbrennungszentren (498 Patienten), während 10% (2/21) standardmäßig UFH i.v. verwendeten (188 Patienten). 19% (4/21) aller Verbrennungszentren (424 Patienten) stellen die Indikation zur Verwendung von FH oder UFH anhand der Intubation des Patienten (bei Intubation UFH i.v.) und/oder anhand des TBSA-Wertes (bei TBSA > 10% UFH i.v.). 29% (6/21) der Zentren (412 Patienten) zeigten keinen erkennbaren Standard bei der Verwendung von FH oder UFH. Nur in einem Zentrum wurde bei Aufnahme ein HIT-Screening durchgeführt. Das bei HIT am meisten verwendete Ausweichpräparat zur Antikoagu lation ist Agatroban (57%). Interessanterweise erfolgte nur in 58% der Zentren, die Agatroban verwendeten, eine Steuerung der Agatrobantherapie anhand des vom Hersteller empfohlenen Parameters (der 1,5 bis 3-fach verlängerten PTT). Die geringste Inzidenz der HIT mit 0,2% bestand in Verbrennungszentren, die standardmäßig FH s.c. verwendeten. Zentren, die standardmäßig UFH i.v. verwendeten, hatten die höchste HIT-Inzidenz (2,7%). In Zentren, die die Therapie mit FH oder UFH abhängig von der Intubation und/oder nach TBSA des Patienten verwendeten, betrug die Inzidenz der HIT 2,5% und in Zentren, die keinen erkennbaren Standard bei der Verwendung von FH und UFH hatten, 1,7%. Eine zur HIT-Inzidenz vergleichbare Verteilung ergab sich für die Inzidenz von tiefen Beinvenenthrombosen (TBVT). Verbrennungszentren, die standardmäßig FH s.c. verwendeten, hatten eine geringe Inzidenz an TBVT von 0,9%, während die höchste Inzid enz von TBVT mit 3,8% in Zentren gefunden wurde, die standardmäßig UFH i.v. verwendeten. In Zentren, die keinen erkennbaren Standard bei der Verwendung von FH und UFH hatten, war die Inzidenz von TBVT 1,9%. Im Gegensatz zur HIT-Inzidenz hatten die Zentren, die die Therapie mit FH oder UFH abhängig von der Intubation und/oder nach TBSA des Patienten verwendeten, ebenso eine geringe TBVT-Inzidenz von 0,9%.

Schlussfolgerung: Die Gesamtinzidenz in deutschsprachigen Verbrennungszentren im Jahr 2008 betrug für die HIT 1,4% und für die tiefe Beinvenenthrombose (TBVT) 1,1%. Die geringste Inzidenz an HIT (0,2%) und TBVT (0,9%) wurde in den Verbrennungszentren gefunden, die eine standardmäßige Antikoagulation mit fraktioniertem Heparin (FH) s.c. verwendeten, während die standardmäßige Verwendung von unfraktioniertem Heparin (UFH) i.v. signifikant höhere HIT- und Thrombose-Raten zeigte (HIT: 2,7% vs. 0,2%, p<0,005; TBVT 3,8% vs. 0,9%, p<0,05). Bei einer Anwendung von FH oder UFH abhängig von der Intubation und/oder nach TBSA des Patienten war die TBVT-Inzidenz vergleichbar zur standardmäßigen Verwendung von FH s.c. (0,9% vs. 0,9%, p=0,375), während die HIT-Inzidenz signifikant höher war, als bei der standardmäßigen Verwendung von FH s.c. (2,5% vs. 0,2%, p<0,05). Prospektive, randomisierte Studien sind erforderlich, um die Überlegenheit einer standardmäßigen Verwendung von FH s.c. gegenüber UFH i.v. in Verbrennungszentren zu belegen.