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6. Community Health Konferenz

23.11. - 24.11.2023, Bochum

Der Nutzwert einer mobilen 3D-gedruckten taktilen Karte aus der Perspektive von blinden und sehbehinderten Menschen

Meeting Abstract

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Hochschule für Gesundheit. 6. Community Health Konferenz. Bochum, 23.-24.11.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc13.1

doi: 10.3205/23chk50, urn:nbn:de:0183-23chk500

Veröffentlicht: 3. Mai 2024

© 2024 Wenzel.
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Gliederung

Text

Im Jahr 2002 lebten in Deutschland Schätzungen zufolge rund 1,2 Millionen Menschen mit Blindheit oder einer Sehbehinderung [1]. Unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung wird mit einem weiteren Anstieg der jährlichen Neuerblindungen und schweren Sehbehinderungen gerechnet [2]. Sehverlust kann bei Betroffenen zu einer geringeren Selbstständigkeit und sozialer Desintegration durch eingeschränkte Orientierungsmöglichkeiten, Bewegungsfreiheit und Mobilität führen [3].

Taktile Karten, auch Blinden- oder Tastkarten genannt, können Orientierungshilfen in unbekannten Umgebungen sein [4]. Die Herstellung geeigneter Tastkarten ist aufwändig und ein Spezialgebiet der Kartografie [5].

Im Rahmen einer Abschlussarbeit im Studiengang Gesundheit und Sozialraum wurde partizipativ und mit Hilfe von Open Source Software ein 3D-gedruckter Kartenprototyp, der einen öffentlichen Park in Witten im Kleinformat abbildet, entwickelt und von der Zielgruppe in der realen Umweltsituation getestet (Abbildung 1 [Abb. 1]). Auf der Grundlage anschließend geführter qualitativer Interviews wurde der Frage nachgegangen, inwiefern blinde und hochgradig sehbehinderte Menschen von der Verwendung einer solchen nicht-professionell erstellten, taktilen Karte profitieren.

Die Auswertung der Daten ergab, dass die Dreidimensionalität des getesteten Kartenprototyps das Verstehen der dargestellten Inhalte erleichtert. Mithilfe dieser Karte können die Raumzusammenhänge haptisch leicht wahrgenommen und verstanden werden. So sind blinde und hochgradig sehbehinderte Menschen vor Ort in der Lage ihre Einschränkungen der selbstständigen Mobilität zu reduzieren. Die portable 3D-gedruckte Karte erlaubt bei persönlichem Besitz die zeitlich flexible und ortsunabhängige Nutzung. Damit sind die Personen der Zielgruppe jederzeit in der Lage, sich die Karte gezielt und selbstbestimmt zunutze zu machen.

Aufgrund der spezifischen Merkmale, Kenntnisse, Kompetenzen und Bedürfnisse der Nutzenden existiert jedoch kein einheitlich hoher Benefit der 3D-Karte.

Aus den ermittelten Ergebnissen wird geschlussfolgert, dass durch die Bereitstellung von mobilen 3D-gedruckten taktilen Karten von öffentlichen Plätzen für blinde und sehbehinderte Menschen ein wichtiger Beitrag für den Zugang und die Nutzung gestalteter Lebensbereiche im Sinne der Umsetzung von Barrierefreiheit geleistet werden könnte.


Literatur

1.
Christoffel-Blindenmission e.V. (CBM), Hrsg. Sehen und Sehverlust in Deutschland. 2020.
2.
Finger RP, Fimmers R, Holz FG, Scholl HP. Incidence of blindness and severe visual impairment in Germany: projections for 2030. Investigative Ophthalmology & Visual Science. 2011;52(7):4381-4389.
3.
Maritzen A, Kamps N. Rehabilitation bei Sehbehinderung und Blindheit. Berlin, Heidelberg: Springer; 2013.
4.
Agentur Barrierefrei NRW, Hrsg. Ausstattungselemente auf dem Grundstück. [Abgerufen am 08. Mai 2023]. Verfügbar unter: https://www.ab-nrw.de/umsetzungstipp/ausstattungselemente-auf-dem-grundstueck.html#umsetzung-tab Externer Link
5.
Cole H. Tactile cartography in the digital age: A review and research agenda. Progress in Human Geography. 2021;45(4):834-854.