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Bad Honnef-Symposium 2015

Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG e. V.) in Zusammenarbeit mit der Initiative GERMAP

30. - 31.03.2015, Königswinter

Pharmakokinetik von Antibiotika bei Intensivpflegepatienten

Meeting Abstract

  • author A. Brinkmann - Klinik für Anästhesie, operative Intensivmedizin und spezielle Schmerztherapie, Klinikum Heidenheim, Heidenheim
  • A. Köberer - Klinik für Anästhesie, operative Intensivmedizin und spezielle Schmerztherapie, Klinikum Heidenheim, Heidenheim
  • Th. Fuchs - Klinik für Anästhesie, operative Intensivmedizin und spezielle Schmerztherapie, Klinikum Heidenheim, Heidenheim
  • S. Helbig - Apotheke Klinikum Heidenheim, Heidenheim
  • J. Preisenberger - Apotheke Klinikum Heidenheim, Heidenheim
  • C. König - Apotheke Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf, Hamburg
  • O. R. Frey - Apotheke Klinikum Heidenheim, Heidenheim
  • A. C. Röhr - Apotheke Klinikum Heidenheim, Heidenheim

Bad Honnef-Symposium 2015. Königswinter, 30.-31.03.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15bhs14

doi: 10.3205/15bhs14, urn:nbn:de:0183-15bhs148

Veröffentlicht: 20. März 2015

© 2015 Brinkmann et al.
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Gliederung

Text

Schwere Sepsis und septischer Schock führen bei fast allen antiinfektiven Substanzen zu einer erhebliche Veränderung der substanzspezifischen Pharmakokinetik [1], [2], [3]. In der frühen Phase der Sepsis kommt es durch die hyperdyname Kreislaufsituation häufig zu einer verstärkten Organdurchblutung und somit bei zahlreichen Substanzen zu einer gesteigerten Arzneistoff-Clearance, die mit niedrigen Wirkortkonzentrationen verbunden sein kann. Darüber hinaus können kapilläres Leck und Störungen der Proteinbindung das Verteilungsvolumen vergrößern und ebenfalls die Konzentration am Wirkort beeinflussen [1]. Im fortgeschrittenen Krankheitsverlauf bestimmen eher Störungen der Organfunktionen (vor allem Niere und Leber) mit einer erniedrigten Arzneistoff-Clearance die Pharmakokinetik [1]. Hier gilt es mögliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen zu verhindern.

Um ein weites Spektrum möglicher Erreger beim kritisch Kranken sicher zu erfassen, werden Breitspektrumantibiotika in möglichst hohen Konzentrationen am Wirkort benötigt. Empfohlene Dosierungen und in Antibiogrammen ausgewiesene Sensibilitäten (sensibel, intermediär oder resistent getestet) beruhen auf der Annahme, dass die Pharmakokinetik des Arzneistoffs der eines „Normpatienten“ entspricht. Tatsächlich ist jedoch die Verteilung und Ausscheidungskapazität der Arzneistoffe beim kritisch Kranken sehr variabel und schwer vorhersehbar [1], [2], [3]. Allein die Nierenfunktion von Patienten mit schweren Infektionen zeigt eine große inter- und intraindividuelle Variabilität, so dass die Arzneistoff-Clearance und damit die optimale Dosierung überwiegend renal ausgeschiedener Antiinfektiva um den Faktor 10 variieren kann [1]. Vor dem Hintergrund der pathophysiologischen Veränderungen im Bereich der Pharmakokinetik und Pharmakodynamik erscheinen individuelle Dosierungen und das Therapeutisches Drug Monitoring wichtig, um eine zeitgerechte und adäquate antiinfektive Therapie sicherzustellen [1], [2], [3], [4]. Bei bekannter minimaler Hemmkonzentration (MHK) ist auf Basis gemessener Arzneistoff-Konzentrationen und bekannter PK/PD-Zusammenhänge eine Einstellung auf optimale Serumspiegel möglich. In diesen Situationen ist allerdings eine patientennahe, schnelle Analytik und eine klinisch orientierte Interpretation der Ergebnisse unter Berücksichtigung lokaler Voraussetzungen unabdingbar [3], [4].

Die antiinfektive Therapie bei septischen Intensivpflegepatienten ist heute mehr als nur eine Frage der richtigen Substanz und einer zeitnahen Applikation. Individuelle Dosierung, prolongierte Applikationformen und TDM eröffnen möglicherweise neue, interessante Horizonte.


Literatur

1.
Roberts JA, Abdul-Aziz MH, Lipman J, Mouton JW, Vinks AA, Felton TW, Hope WW, Farkas A, Neely MN, Schentag JJ, Drusano G, Frey OR, Theuretzbacher U, Kuti JL; International Society of Anti-Infective Pharmacology and the Pharmacokinetics and Pharmacodynamics Study Group of the European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases. Individualised antibiotic dosing for patients who are critically ill: challenges and potential solutions. Lancet Infect Dis. 2014;14:498-509. DOI: 10.1016/S1473-3099(14)70036-2 Externer Link
2.
Roberts JA, Paul SK, Akova M, Bassetti M, De Waele JJ, Dimopoulos G, Kaukonen KM, Koulenti D, Martin C, Montravers P, Rello J, Rhodes A, Starr T, Wallis SC, Lipman J; DALI Study. DALI: defining antibiotic levels in intensive care unit patients: are current β-lactam antibiotic doses sufficient for critically ill patients? Clin Infect Dis. 2014 Apr;58(8):1072-83. DOI: 10.1093/cid/ciu027  Externer Link
3.
Frey O, Köberer A, Röhr A, Fuchs T, Brinkmann A. Therapeutisches Drug Monitoring (TDM) von Antiinfektiva bei kritisch Kranken, Intensiv-News. 2013;17(4):16-8.
4.
Wong G, Brinkman A, Benefield RJ, Carlier M, De Waele JJ, El HN, Frey O, Harbarth S, Huttner A, McWhinney B, Misset B, Pea F, Preisenberger J, Roberts MS, Robertson TA, Roehr A, Sime FB, Taccone FS, Ungerer JP, Lipman J, Roberts JA. An international, multicentre survey of beta-lactam antibiotic therapeutic drug monitoring practice in intensive care units. J Antimicrob Chemother. 2014;69:1416-23. DOI: 10.1093/jac/dkt523  Externer Link