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Bad Honnef-Symposium 2015

Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG e. V.) in Zusammenarbeit mit der Initiative GERMAP

30. - 31.03.2015, Königswinter

Status-quo der Antibiotikaabgabemengenerfassung (D, EU)

Meeting Abstract

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  • author Jürgen Wallmann - Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), Berlin
  • Alice Bender - Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), Berlin
  • Inke Reimer - Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), Berlin
  • Rüdiger Hauck - Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), Berlin

Bad Honnef-Symposium 2015. Königswinter, 30.-31.03.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15bhs06

doi: 10.3205/15bhs06, urn:nbn:de:0183-15bhs068

Veröffentlicht: 20. März 2015

© 2015 Wallmann et al.
Dieser Artikel ist ein Open-Access-Artikel und steht unter den Lizenzbedingungen der Creative Commons Attribution 4.0 License (Namensnennung). Lizenz-Angaben siehe http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Gliederung

Text

Durch den Einsatz von Antibiotika werden Keime selektiert, die gegenüber Antibiotika resistent sind und damit unter Umständen einen Vorteil gegenüber ihren Konkurrenten ohne diese Resistenzeigenschaften haben. Zum erkennbaren Problem werden sie immer dann, wenn es sich um Infektionserreger handelt, die nur noch schwer bzw. nicht mehr therapiert werden können.

Seit 2011 werden in Deutschland Daten gemäß Tierarzneimittelabgabemengenregister (TAR) zu den Antibiotikaabgabemengen erfasst [1]. Im Jahr 2013 wurden insgesamt ca. 1.452 t antimikrobiell wirksamer Grundsubstanzen (ohne Arzneimittelvormischungen) an in Deutschland ansässige Tierärzte mit einer Hausapotheke abgegeben [2]. Gegenüber der ersten Erfassung im Jahr 2011 ist dies ein Minus von rund 250 t (Tabelle 1 [Tab. 1]). Im gleichen Zeitraum war für Fluorchinolone ein Plus von 4 t (2011 8 t, 2013 12 t) zu verzeichnen. Die Zunahme der abgegebenen Mengen an Fluorchinolonen zwischen 2011 und 2013 ist praktisch allein durch die Zunahme für den Wirkstoff Enrofloxacin begründet (Abbildung 1 [Abb. 1]), der mittlerweile zahlreich in kostengünstigen Generika zur Verfügung steht. Fluorchinolone führen bei Bakterien zu einer erhöhten Mutationsrate [3]. Aus diesem Grund ist ihr Einsatz in der Tiermedizin, auch abgesehen von ihrer Bedeutung für die Humanmedizin, besonders zu hinterfragen. In allen Jahren dominierten Tetrazykline und Penicilline. Fast die Hälfte der Gesamtmenge wurde an Tierärzte im nördlichen Nordrhein Westfalen und westlichen Niedersachsen geliefert. Mehr als 95% der Wirkstoffe wurden in Präparaten für die orale Applikation abgegeben.

Im Europäischen Vergleich des „European Surveillance of Veterinary Antimicrobial Consumption“ (ESVAC) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) wurden 2012 für Deutschland 1.714 t, für Spanien 1.694 t und für Italien 1.543 t gelistet (Wirkstoffangaben als Salz oder als Grundsubstanz) [4]. Diese Mengenangaben beruhen nicht in allen Mitgliedstaaten auf einer gesetzlichen Meldeverpflichtung. Um eine mögliche Vergleichbarkeit der Daten in Europa zu erzielen, wurde ein Korrekturfaktor [Population Correction Factor (PCU)] eingeführt, der aus der Tieranzahl für das jeweilige Land und dem angenommenen Gewicht der Tiere zum Behandlungszeitpunkt berechnet wird. Bei der Kalkulation der Abgabemengen im Verhältnis zum PCU kommt Deutschland auf den Wert 204 mg/PCU [antimikrobiell wirksame Substanz (mg)/PCU]. Höhere Werte wurden für Spanien, Italien, Ungarn und Zypern berechnet. Sehr niedrige Werte ergaben die Berechnungen u. a. für Norwegen, Schweden und Finnland.

Bei indirekten Maßzahlen besteht das Problem, dass sich der Zusammenhang zwischen diesen Parametern und der Resistenzentwicklung nicht quantifizieren lässt. Außerdem kann eine einseitige Berücksichtigung dieser Parameter bei der Therapie zu ungewollten und kontraproduktiven Ergebnissen führen.

Die Verbesserung der Tiergesundheit, z. B. über tierzüchterische Maßnahmen, optimierte Fütterung und Hygiene sowie die gezielte evidenzbasierte Behandlung von tatsächlich therapiebedürftigen Infektionskrankheiten sind nötig. Nur die gemeinsame vorbeugende Bekämpfungsstrategie von Veterinär- und Humanmedizin (One Health Ansatz) kann gegen die Ausbreitung von antibiotikaresistenten Erregern nachhaltig erfolgreich sein.


Literatur

1.
Verordnung über das datenbankgestützte Informationssystem über Arzneimittel des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI-Arzneimittelverordnung – DIMDI-AMV) vom 19. November 2010. eBAnz AT122 2010 B1. 22.11.2010.
2.
Wallmann J, Bender A, Hauck R, Reimer I, Heberer T. Abgabemengenerfassung antimikrobiell wirksamer Stoffe in Deutschland 2013. Deutsches Tierärztebl. 2014;9:1234-39.
3.
Wiedemann B, Heisig P. Bakterielle Resistenz gegenüber Chinolonen. CTJ. 1999;8(3):99-108.
4.
European Medicines Agency. Sales of veterinary antimicrobial agents in 26 EU/EEA countries in 2012 – Fourth ESVAC report 2013. Available from: http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Report/2014/10/WC500175671.pdf [accessed 05.02.2015] Externer Link