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Bad Honnef-Symposium 2014

Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG e. V.) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM e. V.) und dem Robert Koch-Institut (RKI)

14. - 15.04.2014, Königswinter

Antibiotikaverbrauch in der Humanmedizin

Meeting Abstract

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  • Michael Kresken - Antiinfectives Intelligence GmbH, Campus Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, Rheinbach, Deutschland

Bad Honnef-Symposium 2014. Königswinter, 14.-15.04.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. Doc14bhs04

doi: 10.3205/14bhs04, urn:nbn:de:0183-14bhs044

Veröffentlicht: 11. April 2014

© 2014 Kresken.
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Gliederung

Text

Nach den Angaben des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) wurden im Jahr 2011 im ambulanten Versorgungsbereich nahezu 38 Mio. Antibiotikaverordnungen mit 358 Mio. definierten Tagesdosen (defined daily doses, DDD) und einem Umsatz von 684 Mio. € getätigt. Die Verordnungsdichte betrug 14,1 DDD pro 1.000 Versicherte und Tag. Verordnungsvolumen, Umsatz und Verordnungsdichte lagen damit jeweils unter den Werten für das Jahr 2008, die im Bericht GERMAP 2010 veröffentlicht wurden [1]. Der Anteil der Reserveantibiotika am Gesamtverbrauch hat weiter zugenommen. Dies gilt insbesondere für Oralcephalosporine und Fluorchinolone – ohne erkennbaren Grund. Die Verordnungsdichte in ambulanten Versorgungsbereich lag in den letzten Jahren bei 14–15 definierten Tagesdosen (DDD) pro 1.000 Versicherte und Tag (DID). Im europäischen Vergleich nimmt Deutschland damit eine Position im unteren Drittel ein [2]. Ferner sind nach wie vor große regionale Unterschiede, mit einem z.T. deutlich höheren Verbrauch in den westlichen als in den östlichen Bundesländern zu beobachten. Dies gilt in dieser Form aber nicht für die Verordnungsprävalenz bei Kindern und Jugendlichen. Nach Tagesdosen ist Amoxicillin weiterhin das am häufigsten verordnete Antibiotikum. Der Fluorchinolon-Einsatz steigt mit dem Lebensalter. Die Gesamtmenge des Antibiotikaverbrauchs im ambulanten Bereich in den letzten Jahren wurde auf ca. 500–600 Tonnen pro Jahr geschätzt. Hochgerechnet auf die Bevölkerung macht das Verordnungsvolumen im ambulanten Bereich ca. 85% des gesamten Antibiotikaverbrauchs in der Humanmedizin aus. Haupteinsatzgebiete für die Verwendung von Antibiotika im ambulanten Bereich sind die Atemwegsinfektionen und Harnwegsinfektionen.

Die verfügbaren Daten über den Antibiotikaverbrauch im Krankenhaussektor sind vergleichsweise (noch) spärlich. Die Auswertung der deutschen Daten der ersten europäischen Prävalenzerhebung zum Vorkommen nosokomialer Infektionen und zur Antibiotikaanwendung hat ergeben, dass Deutschland eine niedrigere Prävalenz nosokomialer Infektionen als die meisten anderen europäischen Länder aufweist und auch beim Antibiotikaverbrauch nicht zu den Hochverbrauchern gehört [3]. Bei den prophylaktischen Antibiotikaanwendungen fiel auf, dass die perioperative Prophylaxe, entgegen den Empfehlungen der Fachgesellschaften, häufig über den Operationstag hinaus durchgeführt wird. Weiterhin war der im Vergleich zur ersten nationalen Prävalenzstudie im Jahr 1994 hohe Anteil von Clostridium-difficile-Infektionen auffällig.

Die wichtigste Datenquelle für die Darstellung des Antibiotikaverbrauchs im Krankenhaus stellt inzwischen das ADKA-if-RKI-Surveillance-Projekt dar, das aus dem MABUSE-Projekt hervorgegangen ist. Insgesamt scheint die Verbrauchsdichte im stationären Sektor in den letzten Jahren angestiegen zu sein. Dabei zeigen Nicht-universitäre Akutkrankenhäuser meist einen Verbrauch von <60 DDD/100 Pflegetage und Universitätskliniken einen Verbrauch von >60 DDD/100 Pflegetage. Die im Krankenhaus am häufigsten verordneten Antibiotika im Jahr 2011 waren β-Lactame und Fluorchinolone. Die Verbrauchsdichte auf Intensivstationen ist doppelt so hoch wie auf Normalstationen. Hier wurde in den letzten Jahren für die Cephalosporine der Gruppe 3, Carbapeneme und Fluorchinolone ein z.T. deutlicher Verbrauchsanstieg ermittelt [4].

Der sachgerechte Gebrauch von Antibiotika ist mehr denn je erforderlich, da in naher Zukunft nur mit wenigen neuen Wirkstoffen in der Humanmedizin zu rechnen ist. Umso wichtiger ist der Erhalt der Wirksamkeit der derzeitig eingesetzten Wirkstoffe. Sachgerechter und intelligenter Gebrauch von Antibiotika bedeutet, in der konkreten Situation entscheiden zu können, ob – und wenn ja – welches Antibiotikum in welcher Dosierung und mit welcher Applikationsform verwendet werden soll. In diesem Zusammenhang sind die zum Teil sehr niedrigen Tagestherapiekosten von Antibiotika, hier sind durchaus auch Cephalosporine und Fluorchinolone zu nennen, nicht eben förderlich für den sachgerechten Gebrauch. Die Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung resistenter Bakterien können sich nicht auf einen rein restriktiven Einsatz von Antibiotika beschränken. Gutes Management, fundierte Aus-, Weiter- und Fortbildung aller Beteiligten sowie wirkungsvolle Hygienemaßnahmen sind ebenso unabdingbar für den Erfolg.


Literatur

1.
GERMAP 2012 (in Vorbereitung)
2.
European Centre for Disease Prevention and Control. Surveillance of antimicrobial consumption in Europe 2011. Stockholm: ECDC; 2014. Available from: http://www.ecdc.europa.eu/en/publications/Publications/antimicrobial-consumption-europe-surveillance-2011.pdf [Zugriff am 24.03.2014] Externer Link
3.
European Centre for Disease Prevention and Control. Point prevalence survey of healthcare-associated infections and antimicrobial use in European acute care hospitals. Stockholm: ECDC; 2013. Available from: http://www.ecdc.europa.eu/en/publications/Publications/healthcare-associated-infections-antimicrobial-use-PPS.pdf [Zugriff am 24.03.2014] Externer Link
4.
Meyer E, Gastmeier P, Deja M, Schwab F. Antibiotic consumption and resistance: Data from Europe and Germany. Int J Med Microbiol. 2013;303(6-7):388-95.