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Risiko kognitive Einschränkung – demenzsensible orthogeriatrische Versorgung und Maßnahmen zu Prävention und Behandlung des postoperativen Delirs
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Veröffentlicht: | 17. Juni 2024 |
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Fragestellung: Von den aus bayerischen Krankenhäusern im Jahr 2022 Entlassenen waren 45% über 65 Jahre alt. Den Ergebnissen der GHoSt-Studie folgend wiesen davon 40% eine kognitive Störung auf (ca. 478.600 Behandlungsfälle) bzw. 20% eine Demenz oder ein Delir (ca. 242.100 Fälle). Damit ist von 236.500 Fällen einer leichten kognitiver Störung und von 220.200 Fällen einer Demenzerkrankung auszugehen. Delirien (mehr als 61.000 Behandlungsfälle) traten demnach mehr als 39.000-mal in Kombination mit einer Demenz und zusätzlich mehr als 22.000-mal ohne Demenzdiagnose auf.
Gleichzeitig liegt in dieser Altersgruppe eine deutlich erhöhte Inzidenz von osteoporoseassoziierten Frakturen v. a. der oberen Extremitäten, aber auch des Beckens oder von Wirbelkörpern, vor. Das Delir ist bei über 70-jährigen Patienten häufigste Komplikation der operativen Versorgung mit Auswirkung auf Liegezeiten, Outcome und Mortalität. Die postoperative multiprofessionelle Komplexbehandlung greift wesentliche Teile von demenzsensiblen Konzepten auf, zu denen die Koordinierungsstelle Bayern Demenz im Krankenhaus (KBDIK) berät.
Methodik: Vor diesem Hintergrund ist seit 01. April 2023 die Koordinierungsstelle Bayern Demenz im Krankenhaus (KBDIK) am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) als Kompetenzzentrum bayernweit tätig und
- bietet bayerischen Krankenhäusern eine individuelle, kostenfreie Fachberatung zur und Begleitung bei der Einführung und Weiterentwicklung demenzsensibler Konzepte,
- fördert den Wissenstransfer zwischen Forschung zu und Anwendung von demenzsensiblen Konzepten u. a. durch Fachtage,
- entwickelt eine Internetpräsenz zu Beispielen guter Praxis.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Im September 2023 veranstaltete KBDIK in Ingolstadt einen ersten Fachtag zu demenzsensiblen Konzepten, an dem mehr als 120 Personen teilnahmen. Bei allen sechs vorgestellten Praxisbeispielen war das Thema „Delir“ ein Schwerpunkt. Demenz und Delir können nicht ausschließlich als pflegerische Aufgabe verstanden werden, sondern müssen auch in den ärztlich-somatischen Fokus rücken. Die korrespondierenden Maßnahmen sind bekannt und erprobt, häufig auch evaluiert. Aktuell bestehen Kontakte zu 18 bayerischen Krankenhäusern, die bereits demenzsensible Konzepte eingeführt haben oder dies planen. KBDIK hat ein Netzwerk von 23 Demenzbeauftragten (v. a. Pflegefachpersonen) initiiert und in zehn Vorträgen Aufgaben, Ziele und Maßnahmen vorgestellt.
Das Zusammentreffen der steigenden Inzidenz der Demenzerkrankungen sowie der traumatologisch bedingten Eingriffe erhöht bei über 65-Jährigen die Wahrscheinlichkeit eines Delirs.
Als wesentliche Maßnahmen sind die Erkennung und Behandlung kognitiver Risiken und des Delirs anzusehen, dessen Behandlung auch die der somatischen Ursachen einschließt. Delirprophylaxe und -behandlung umfassen zunächst vorwiegend nicht-medikamentöse Maßnahmen, die in die Krankenhausprozesse zu integrieren sind. Hier steht KBDIK zur kostenfreien Beratung bzw. Begleitung der Krankenhäuser zur Verfügung.