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Sekundäre Sturz- und Frakturprävention bei älteren Menschen nach sturzbedingtem Notaufnahmekontakt
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Veröffentlicht: | 24. Juni 2022 |
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Fragestellung: Einer Schätzung zufolge kann in Deutschland jährlich von circa 800.000 sturzbedingten ambulanten Notaufnahmebehandlungen ausgegangen werden. In vielen europäischen Nachbarländern erfolgt im Anschluss daran eine Überweisung in eine geriatrische Institutsambulanz (Fall Clinic) zur systematischen Abklärung des Sturzrisikos und Einleitung sturzpräventiver Maßnahmen. In diesem Kontext war das Ziel dieser Pilotstudie, das aktuelle Versorgungsmanagement in Deutschland zu evaluieren.
Methodik: Im Untersuchungszeitraum (12/2015 - 08/2016) wurden 50 Personen nach sturzbedingter ambulanter Notaufnahmebehandlung eingeschlossen (Alter: 82 ± 6 Jahre). Die Erfassung von personenbezogenen Sturzrisikofaktoren (u.a. Komorbiditäten, motorische Funktion, Depression, Sturzangst, Kognition) sowie geplanter bzw. bereits umgesetzter sekundärpräventiver Maßnahmen erfolgte direkt nach Einschluss sowie an zwei Folgekontakten als Hausbesuch (nach 10 ± 8 Tagen) und als Telefonkontakt (nach 8 Wochen ± 2 Wochen).
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Im Rahmen der Nachsorge wurde der studienrelevante Sturz bei 62% der Probanden vom Hausarzt thematisiert. Bei fast der Hälfte (48 %) wurde ein körperliches Training verordnet oder bereits durchgeführt. Bei 14% erfolgte eine Anpassung der Medikation. Von den Personen ohne vorherige Untersuchung der Knochendichte (n=43) erhielten im Erhebungszeitraum lediglich 7% eine Knochendichtemessung.
Gemäß den internationalen Leitlinien hätten nahezu alle Personen ein Trainingsprogramm erhalten sollen. Bei allen Personen hätte eine Knochendichtemessung durchgeführt werden müssen. Eine systematische Überprüfung der Medikation (z.B. Forta APP) wäre ebenfalls leitliniengerecht.
Die Ergebnisse der Pilotstudie verdeutlichen den Bedarf für eine Verbesserung der Versorgungssituation der untersuchten Zielgruppe in Deutschland. Eine Aktualisierung der Leitlinien in Zusammenarbeit der beteiligten Fachrichtungen (Allgemeinmedizin, Unfallchirurgie, Geriatrie) ist dringend geboten. Als Anhaltspunkte könnten die britische NICE-Guideline [1], der amerikanische STEADI Fall Prevention Guide [2] und die Broschüre "Gleichgewicht & Kraft" der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung[3] dienen.
Literatur
- 1.
- National Institute for Health and Care Excellence. 2019 surveillance of falls in older people: assessing risk and prevention (NICE guideline CG161) [Internet]. London: National Institute for Health and Care Excellence (NICE); 2019 May 23. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/n/nicecg161surv1/pdf/
- 2.
- National Center for Injury Prevention and Control. Preventing Falls: A Guide to Implementing Effective Community-based Fall Prevention Programs. 2nd ed. Atlanta:CDC;2015. Available from:https://www.cdc.gov/homeandrecreationalsafety/pdf/falls/FallPreventionGuide-2015-a.pdf
- 3.
- Becker C, Brenner N, Blessing-Kapelke U. Gleichgewicht & Kraft – Einführung in die Sturzprävention. Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung; 2015. Available from: https://shop.bzga.de/pdf/60582360.pdf