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27th Annual Meeting of the German Retina Society

German Retina Society

13. - 14.06.2014, Düsseldorf

Der unzufriedene Patient trotz erfolgreicher Ablatiochirurgie: Frühe morphologische und funktionelle Befunde und ihre Auswirkungen auf das Binokularsehen

Meeting Abstract

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  • Silvia Bopp - Augenklinik Universitätsallee MVZ GmbH, Bremen

Retinologische Gesellschaft. 27. Jahrestagung der Retinologischen Gesellschaft. Düsseldorf, 13.-14.06.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. Doc14rg43

doi: 10.3205/14rg43, urn:nbn:de:0183-14rg432

Published: June 12, 2014

© 2014 Bopp.
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Der unzufriedene Patient trotz erfolgreicher Ablatiochirurgie (1): Frühe morphologische und funktionelle Befunde

Hintergrund: Analyse funktioneller Ergebnisse nach erfolgreicher Ablatiochirurgie und Korrelation mit den morphologischen Befunden in der optischen Kohärenztomographie (OCT) sowie Untersuchung visuslimitierender Faktoren.

Methode/Patienten: Konsekutive Fallserie von Patienten mit primär rhegmatogener Amotio (122 Augen), die im Zeitraum April bis Dezember 2013 durch primäre Vitrektomie ± ILM-Peeling ± Phako/IOL behandelt wurden und eine Nachbeobachtung von mindestens 6 Wochen hatten. Abgesehen von der üblichen ophthalmologischen Untersuchung wurde prä- und postoperativ eine beidseitige Bildgebung mit Fundusphotographie und SD-OCT durchgeführt, postoperativ gezielt nach subjektiven Sehstörungen gefragt und eine orthoptische Untersuchung durchgeführt.

Ergebnisse:

1.
Demographische Daten: 122 Augen, Patientendurchschnittsalter 62 Jahre (17-93), Makula in 29% anliegend, 46% angespült oder flach ab, 25% hoch abgelöst. 85% wurden mit Gastamponade, die übrigen mit Silikonöltamponade versorgt. Fast alle phaken Augen wurden mit IOL-Implantation operiert.
2.
Anatomisch/funktionelle Ergebnisse Die Wiederanlegungsrate mit einem Eingriff lag bei 90%. Bei primär erfolgreich operierten Augen lag der präoperative Visus bei 0,11 (LP-1,0) und stieg postoperativ auf 0,4 (1/25-1,0). Ein Visus von ≥0,5 wurde in 72% der Augen mit anliegender und in 52% bei primär abgelöster Makula erreicht.
3.
OCT-Befunde: präoperativ zeigten sich intraretinalen Zysten, eine Separation von Innen- und Außengliedern und grobe Undulationen der ödematösen Photorezeptorzellschicht bei Makulaabhebung. Diese Veränderungen waren nach Wiederanlegung vollständig reversibel. Augen mit geringer Visuserholung zeigten häufiger umschriebene Defekte in der äußeren Netzhaut oder eine Verschmälerung der Photorezeptorzellschicht. Ein postoperatives zystoides Makulaödem (ZMÖ) fand sich in der OCT in 10%, wobei dieses in Augen ohne ILM-Peeling auffallen häufiger war (23% vs. 6%). Keines der ILM-gepeelten Augen entwickelte postoperativ eine epiretinale Membran. Ferner wurde festgestellt, dass rund 10% der Augen postoperativ eine Netzhautverlagerung mit oder ohne Faltenbildung zeigten. Der Shift erfolgte in Richtung der Grenze zwischen ehemals abgelöster und anliegender Netzhaut. Dies betraf überwiegend Augen mit hochbullöser Ablatio der oberen Netzhauthälfte.

Schlussfolgerungen: Die Visusprognose hängt von Ablatio-assoziierten (v.a. präoperativer Makulaabhebung) und sekundären Makulapathologien (z.B. ZMÖ-, Pucker-Bildung) sowie von Chirurgie-bedingten Folgen (z.B. Makulaverlagerung) ab. Die geringe Rate postoperative ZMÖ nach ILM-Peeling und die häufige unbeachtete Dislokation der Netzhaut nach Wiederanlegung sind bisher wenig beachtete Phänomene mit Konsequenzen für das funktionelle Ergebnis.

Der unzufriedene Patient trotz erfolgreicher Ablatiochirurgie (2): Binokularfunktion

Hintergrund: Analyse des Binokularsehens (Motorik, Sensorik, Stereopsis) nach erfolgreicher Ablatiochirurgie.

Methode/Patienten: Konsekutive Fallserie von Patienten mit primär rhegmatogener Amotio (122), die im Zeitraum April bis Dezember 2013 durch primäre Vitrektomie ± ILM-Peeling ± Phako/IOL behandelt wurden und eine Nachbeobachtung von mindestens 6 Wochen hatten. Abgesehen von der üblichen ophthalmologischen Untersuchung wurde postoperativ gezielt nach subjektiven Sehstörungen gefragt und eine orthoptische Untersuchung nach 6 Wochen und 6 Monaten durchgeführt.

Ergebnisse: 54 der 122 Patienten hatten einen 6-Wochen Befund, 20 kamen zur 6-Monatskontrolle.

1.
Subjektive Sehstörungen (6 Wochen postoperativ): Triggerfragen zum räumlichen Sehen im Alltag und zum monokularen Seheindruck ergaben, dass 18% Probleme beim räumlichen Sehen (3D-Störung) wahrnahmen, 16% Doppelbilder beklagten und 12% störende Metamorphopsie.
2.
Orthoptischer Befund (6 Wochen, n=54): Eine Motilitätseinschränkung wurde bei keinem Patienten festgestellt. 71% waren beschwerdefrei (Orthophorie, kompensierte Phorie). Sensorische Probleme in Form einer dekompensierten Phorie (meist Exotropie) lag in 10% vor. Bei 16% fand sich eine Fusionsstörung, die nicht in den Formenkreis einer dekompensierten Phorien einzuordnen war und als postoperativ neu entstandene Binokularstörung klassifiziert wurde (meist vertikalen Deviation von 1-4 pdpt). Bei 5 Patienten erfolgte eine Versorgung mit Prismenfolien. Volles Stereosehen wurde in 41% angegeben, 18% hatten nur grobes Stereosehen und 41% gar kein räumliches Sehen.
3.
Orthoptische 6-Monatsbefunde: In Bezug auf Sensorik und Fusionsfähigkeit wurde kein deutlicher Unterschied zur Voruntersuchung festgestellt. Hingegen verbesserte sich das Stereosehen (Titmus-Test) bei einigen Patienten mit zunehmender Visuserholung.
4.
Korrelation orthoptischer Befund mit morphologisch-funktionellem Befund: Einflussfaktoren für Fusionsstörungen mit reduziertem Binokularsehen und/oder Heterotropie waren: niedriges Visusniveau, Anisometropie/Aniseikonie (Refraktionsdifferenz, v.a. bei Silikonöl-Augen), erst kürzlich resorbierte Gastamponade und eine Netzhautdislokation nach Wiederanlegung (5/12 Patienten). Letztere gingen oft mit einer Vertikaldeviation einher.

Schlussfolgerungen: Trotz erfolgreicher Vitrektomie bei Ablatio treten in einer nicht unerheblichen Häufigkeit postoperativ Binokularprobleme auf, deren Ursachen vielgestaltig sind. Bekannt sind Störungen des Binokularsehens nach Buckelchirurgie infolge von Motilitätseinschränkungen. Hier fanden sich überwiegend sensorische Gründe für Fusionsstörungen. Nicht alle Patienten waren gleichermaßen gestört, so dass die individuelle Kompensationsfähigkeit offenbar unterschiedlich ist.