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Einführung des MII Broad Consent Prozess an der Universitätsmedizin Magdeburg
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Published: | September 15, 2023 |
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Hintergrund: Im Rahmen der MII wurde in den vergangenen Jahren der sogenannte MII Broad Consent [1], eine Einwilligungserklärung zur Nutzung von Versorgungsdaten in der medizinischen Forschung, eingeführt. In der Universitätsmedizin Magdeburg erfolgte diese Einführung in Zusammenarbeit des 2019 eröffneten Datenintegrationszentrums (DIZ) als Teil des Medizininformatik Konsortiums MIRACUM [2] und der kurze Zeit später gegründeten Treuhandstelle (THS). Diese, an allen teilnehmenden Standorten einheitliche breite Einwilligungserklärung bildet einen bedeutsamen Mehrwert in der nachhaltigen Nutzung von Versorgungsdaten in der Forschung.
Methoden: Um den MII Broad Consent zu implementieren wurden zwei Phasen geplant, welche ein Datenschutz- und Ethikvotum hatten: Phase 1 des Prozesses sah eine manuelle Consentierung, in der Version 1.6.f [3], auf Papierbasis und Scan-in-Weg zur nachträglichen Digitalisierung für die IT-Systeme in DIZ und THS vor. Das gescannte Papier wurde anschließend durch die THS archiviert. Dieser Prozess wurde mit Personal aus dem DIZ-Bereich durchgeführt und zielte auf eine direkte Patientenansprache ab, nachdem diese den stationären Aufnahmeprozess in der zentralen Aufnahme absolviert hatten. Dadurch war es möglich, die durch die zentrale Aufnahme ausgestellte Fallnummer, welche auf dem ausgefüllten und unterschriebenen Papier-Consent erfasst wurde, zu nutzen, um so eine nachträgliche Zusammenführung in den IT-Systemen verwechselungsfrei zu gewährleisten, was bei Nutzung nur von Vor- und Nachname nicht sicher möglich wäre. Dem Papierformular wurde mit einem Etikett mit der Fallnummer beklebt, welche anschließend manuell zugeordnet werden konnte. Dieses Etikett lag den normalen Aufnahmeunterlagen standardmäßig bei.
In der Phase 2 des Prozesses wurde eine vollständig digitale Consentierung mit der Software eCosent Pro der Firma Thieme technisch realisiert. Die organisatorische Umsetzung soll dann über das Personal der zentralen Aufnahme, welches dafür entsprechend ausgestattet und geschult ist, durchgeführt werden. Die digital erfassten Einwilligungen werden dann über den klinischen Kommunikationsserver und einen ETL-Prozess in die IT-Systeme (gICS [4], E-PIX) der THS überführt. Ein Kernteil dieses ETL-Prozesses besteht darin, einen so genannten Absprung aus dem klinischen Informationssystem (KIS), welche am Standort Magdeburg die Software CGM Medico ist, in das eConsent Pro mit den Stammdaten zu vollziehen und nachdem die Einwilligung erfolgt ist, die Dokumente dann über den Kommunikationsserver (CloverLeaf) an eine Zwischenknoten zu übertragen. Diese Zwischenknoten wurde über die Software Orchestra der Firma Soffico realisiert, welche auch als Kommunikationsserver standardmäßig fungiert, aber in diesem Fall nur für die Aufnahmeverarbeitung und Verteilung der Einwilligungsdaten genutzt wurde. Im letzten Schritt werden die Einwilligungsdaten pro Fall dann an die IT-Systeme (gICS [4], E-PIX) der THS überführt. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt darin, dass standortspezifisch, ohne ständig an den zentralen Kommunikationsserver Modifikationen vornehmen zu müssen, eine Anpassung an die jeweiligen Datenschutzkonzepte erfolgen kann, zum Beispiel ob Im gICS Consent System eine Patienten ID oder ein Master Patient ID aus dem EPIX automatisch eingetragen werden soll.
Hierbei wird durch die Software sichergestellt, dass weder das Personal der Aufnahme oder Patienten Änderungen und Ergänzungen am Einwilligungsdokument vornehmen können. Das verwendete eConsent Pro System schränkt den Schreibzugriff auf die zu leisten Unterschrift und die anzukreuzenden Stellen ein. Eine strukturierte Erfassung des Einwilligungsstatus erfolgt in beiden Phasen über die Software gICS, welche per Papier Scan inkl. QR-Code oder Schnittstelle die Einwilligungen verwaltet. Dieser Status ist seit Mai 2023 auch per FHIR-Schnittstelle effektiv abrufbar und kann so an den zentralen FHIR Server übertragen werden, um dann für Datenprojekte im Rahmen der MII (z.B. Forschungsportal für Gesundheit) zur Verfügung zu stehen.
Das Verfahren zur Erinnerung an eine bestehende Einwilligung im Wiederaufnahmefall wurde nur für Phase 2 des Consent Prozesses geplant und wird über das Thieme eConsent System in Verbindung mit dem KIS aber erst ab Q1/2024 realisiert werden können.
Ergebnisse: Von April bis November 2022 wurden in der Phase 1 des Prozesses 1074 gültige Consente in Papierform eingeholt, von denen 807 (75,1%) vollständig mit „Ja“ beantwortet wurden. 70,2% der angesprochenen Patientengruppe standen dem Broad Consent offen gegenüber und befürworteten die Zielstellung, medizinische Daten für die Forschung zu gewinnen. Nur wenige Widerrufe (<5) sind bislang in der THS eingegangen und verarbeitet worden.
Der personelle Aufwand war sehr hoch und nahm 1,5 Personenstellen pro Tag im Aufnahmezeitraum April bis November 2022 in Anspruch.
Zusammenfassung: Die Ergebnisse der Phase 1 des MII Broad Consent Prozess am Standort Magdeburg zeigen ein positives Stimmungsbild bei den befragten Patientinnen und Patienten ihre medizinischen Daten für die Forschung bereitzustellen. Ab Sommer 2023 beginnt (die vollständig digitalisierte) Phase 2, welche die Einholung erheblich beschleunigen wird. Dies ermöglicht letztlich eine große und einfache Nachnutzung von Datenauswertungen über klinische Versorgungsdaten.
Danksagung: Förderung: Dieses Vorhaben wird begleitet durch die TMF und gefördert vom BMBF (FKZ: 01ZZ1801H).
Unser Dank für die Unterstützung geht an Stefan Krötki, Diana Hartmann, Stefanie Conradi, Jakob Berger, Martin Franke und Peter Kretschmer.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass kein Ethikvotum erforderlich ist.
Literatur
- 1.
- Zenker S, Strech D, Ihrig K, Jahns R, Müller G, Schickhardt C, et al. Data protection-compliant broad consent for secondary use of health care data and human biosamples for (bio)medical research: Towards a new German national standard. Journal of Biomedical Informatics. 2022;131:104096. DOI: 10.1016/j.jbi.2022.104096
- 2.
- Prokosch HU, Acker T, Bernarding J, Binder H, Boeker M, Boerries M, et al. MIRACUM: Medical Informatics in Research and Care in University Medicine. Methods Inf Med. 2018;57(S 01):e82-e91. DOI: 10.3414/ME17-02-0025
- 3.
- Medizinformatikinitiative – Arbeitsgruppe Consent. Mustertext Patienteneinwilligung mit Zusatz-Modul für NUM-CODEX. Version 1.6.f. Medizinformatikinitiative; 2021 [aufgerufen am 28.04.2023]. Verfügbar unter: https://www.medizininformatik-initiative.de/sites/default/files/2021-08/MII_AG-Consent_Einheitlicher-Mustertext_v1.6f_v08.pdf
- 4.
- Hampf C, Bialke M, Geidel L, Vass A, Bahls T, Blasini R, et al. A survey on the current status and future perspective of informed consent management in the MIRACUM consortium of the German Medical Informatics Initiative. BMC Transl Med Commun. 2021;6:7. DOI: 10.1186/s41231-021-00086-1