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HEC 2016: Health — Exploring Complexity
2016 Joint Conference of GMDS, DGEpi, IEA-EEF, EFMI

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V.
Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie e. V.

28.08. - 02.09.2016, München

Vergleich der Review-Suchstrategien „Volltextrecherche“ versus „elektronische Literaturrecherche“ anhand des quantitativen Ergebnisses einer Metaanalyse zu drop out-Raten in RCTs zum Indikationsbereich „Altersabhängige Maculadegeneration“

Meeting Abstract

  • Laura Niemeyer - Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie, Fakultät für Gesundheit der Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland
  • Stephanie Knippschild - Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie, Fakultät für Gesundheit der Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland
  • Frank Krummenauer - Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie, Fakultät für Gesundheit der Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland
  • Christine Baulig - Institut für Medizinische Biometrie und Epidemiologie, Fakultät für Gesundheit der Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland

HEC 2016: Health – Exploring Complexity. Joint Conference of GMDS, DGEpi, IEA-EEF, EFMI. München, 28.08.-02.09.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocAbstr. 106

doi: 10.3205/16gmds066, urn:nbn:de:0183-16gmds0662

Published: August 8, 2016

© 2016 Niemeyer et al.
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Einleitung und Fragestellung: Grundlage systematischer Reviews ist eine umfassende und zielgerichtete Literaturrecherche. Diese Recherche kann als Volltext-Handsuche (VTH) oder als elektronische / Internet-basierte Recherche (EIR) erfolgen [Higgins & Green, 2011]. Dabei stellt sich jedoch die Frage, welche Strategie die größere Vollständigkeit im Sinne einer höheren Auffindungs-Rate unter publizierten Studienberichten zu einer spezifischen Fragestellung liefert. Zudem ist von Relevanz, ob ein möglicher Unterschied in der Anzahl aufgefundener Studienberichte einen quantitativen oder gar qualitativen Einfluss auf das Ergebnis des angestrebten Reviews hat.

Material und Methode: Zur Bewertung der Präzision beider Suchstrategien, VTH versus EIR, wurde jeweils eine Metaanalyse zu drop out-Raten in RCTs zur Altersabhängige Makuladegeneration (AMD) unabhängig voneinander durchgeführt. Eingeschlossen wurden alle deutsch- und englischsprachigen RCTs zum Indikationsbereich AMD aus dem Recherchezeitraum 2004 – 2013, welche drop out-Raten nach einer 12-monatigen Studien-Beobachtungsdauer berichteten. Dabei wurden für die VTH a priori sechs Zeitschriften (Ophthalmology, Retina, Graefes Archives, British Journal of Ophtalmology, Archives of Ophtalmology, American Journal of Ophthalmology) ausgewählt, welche als zentrale Publikationsorgane zur Klinischen AMD-Forschung eine hohe Anzahl dort erschienener relevanter Studien erwarten ließen. Die elektronische Recherche wurde unabhängig davon auf Basis der Datenbank „pubmed“ durchgeführt mit der Suchstrategie „AMD“ und „RCT“. Die Berechnung des Metaschätzers für die berichteten drop out-Raten erfolgte nach DerSimonian/ Laird im random effects model unter Angabe von Konfidenzintervallen der Ratenschätzer zum lokalen Konfidenzniveau 95%. Abschließend wurden die Ergebnisse hinsichtlich der Präzision der jeweiligen Metaschätzer aus beiden Recherchemethoden gegenübergestellt.

Ergebnisse: Insgesamt wurden mittels EIR 673 klinische Studien zur AMD gefunden, wovon 133 als RCTs identifiziert wurden. Schlussendlich wurden 64 RCTs in die Analyse eingeschlossen, da sie drop out-Raten nach 12 Monaten berichteten. Mittels VTH wurden 1.062 klinische Studien durchsucht und daraus 79 als RCTs identifiziert. Für die Berechnung der Metaschätzwerte standen davon 43 Studienberichte nach 12 Monaten zur Verfügung. Durch die EIR wurden insgesamt für beide Auswertungszeiträume 23 RCTs mehr identifiziert, welche die VTH verfehlte; die VTH dagegen identifizierte 3 RCTs, welche durch die EIR nicht gefunden wurden. Der Metaschätzwert für die 12monatige drop out-Rate ergab sich für die 64 Studienberichte der EIR zu 9% [95%-Kl 7%; 11%]; aus der VTH ergab sich der Metaschätzwert der 12monatigen drop out-Rate für die 43 Studienberichte ebenfalls zu 9% [95%-KI 7%; 12%].

Schlussfolgerung: Obwohl mittels elektronischer Recherche mehr Studienberichte gefunden werden konnten, kam es bei der quantitativen Betrachtung der Review-Zielgröße zu keiner Diskrepanz der Metaschätzer. Es kann zumindest auf Basis dieser konkreten vergleichenden Untersuchung postuliert werden, dass die beiden untersuchten Rechercheformen bezüglich der quantitativen und damit auch qualitativen Betrachtung der vom Review angestrebten Zielsetzung äquivalent sind. Generelle Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Zeitschriften für die VTH Fragestellungs-sensitiv ausgewählt werden und so eine hohe Anzahl relevanter Studienberichte zur evaluierten Fragestellung erwarten lassen. Insbesondere muss erwähnt werden, dass methodische Zielgrößen wie im obigen Beispiel die drop out-Rate in Studien nicht adäquat über eine MeSH (Medical Subject Headings) Suchstrategie angegangen werden können, was im vorliegenden Fall die Volltext-Recherche als Ansatz der ersten Wahl motivierte – und im Nachgang im Vergleich zur sonst etablierten EIR als legitime Vorgehensweise legitimierte.