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GMDS 2014: 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

07. - 10.09.2014, Göttingen

Langfristige Krebsinzidenzschätzungen für Deutschland seit 1970

Meeting Abstract

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  • J. Haberland - Robert Koch-Institut, Berlin

GMDS 2014. 59. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Göttingen, 07.-10.09.2014. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2014. DocAbstr. 60

doi: 10.3205/14gmds195, urn:nbn:de:0183-14gmds1957

Published: September 4, 2014

© 2014 Haberland.
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Einleitung und Fragestellung: Auf der gesetzlichen Basis des Bundeskrebsregisterdatengesetzes von 2009 schätzt das Zentrum für Krebsregisterdaten (ZfKD) im Robert Koch Institut regelmäßig die jährliche Zahl der Krebsneuerkrankungen in Deutschland ab 1999 [1]. Da jedoch zuverlässige regionale Krebsregisterdaten auch für frühere Jahrzehnte vorliegen, hat das ZfKD begonnen, die nationale Inzidenz für die häufigsten Krebserkrankungen über einen längeren Zeitraum zu schätzen [2].

Material und Methoden: Wie international üblich, wird die nationale Inzidenz auf der Basis regionaler Krebsregisterdaten unter Berücksichtigung der jeweiligen Mortalitätsunterschiede geschätzt [3], wobei sich die Zusammensetzung der verwendeten Register im Zeitablauf ändert. Die notwendigen Mortalitätsdaten werden in Deutschland im Rahmen der Todesursachenstatistik von den Statistischen Ämtern seit Jahrzehnten zuverlässig erhoben. Zur Glättung der verwendeten Inzidenz- und Mortalitätsraten ab 1970 bis dato wird die weit verbreitete Joinpoint-Methode eingesetzt [4]. Zur Beurteilung der Genauigkeit der Schätzungen werden zusätzlich Vertrauensbereiche in Form von 95%-Prognoseintervallen mit Hilfe von Bootstrap-Verfahren berechnet und präsentiert [5].

Ergebnisse: Unter den ausgewählten Krebslokalisationen weisen Prostatakrebs bei Männern und Brustkrebs bei Frauen seit 1970 die höchsten absoluten Zuwächse in den altersstandardisierten Erkrankungsraten auf. Prostatakrebs hat sich aufgrund des starken Anstiegs inzwischen zur häufigsten Krebserkrankung bei Männern entwickelt, allerdings ist seit etwa 2003 kein weiterer Anstieg mehr zu erkennen. Die Inzidenzraten an Darmkrebs sind bei beiden Geschlechtern ab 1970 über 20 Jahre angestiegen mit einem jeweils höheren Niveau bei Männern. Seit den 1990er Jahren stagnieren die Raten jedoch und sind im letzten Jahrzehnt sogar teilweise leicht rückläufig.

Diskussion: Die abrupten Änderungen in den geschätzten Inzidenzraten um das Jahr 1990 sind bedingt durch die geänderte Zusammensetzung der berücksichtigten Krebsregisterdaten und sollten nicht als ein plötzlich geändertes Erkrankungsrisiko bewertet werden. Trotz dieser methodischen Einschränkungen zeigt sich, dass für Deutschland Schätzungen der Krebsinzidenz auch für weiter zurückliegende Zeiträume auf der Basis vorliegender regionaler Krebsregisterdaten möglich sind und zu plausiblen Ergebnissen führen. Dadurch lässt sich auch für Deutschland das Krebsgeschehen auf Bevölkerungsebene über mehrere Jahrzehnte hinweg analysieren.


Literatur

1.
RKI; GEKID. Krebs in Deutschland 2009/2010. 9. Ausgabe. Berlin: Robert Koch-Institut und die Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V.; 2013.
2.
Haberland J, Wolf U, Baras N, Dahm S, Wienecke A, Kraywinkel K. Entwicklung Früherkennungs-relevanter Krebserkrankungen seit den 1970er Jahren in Deutschland, UMID 2014 (Umwelt und Mensch Informationsdienst), Ausgabe 1, im Druck.
3.
Ferlay J, Steliarova-Foucher E, Lortet-Tieulent J, Rosso S, Coebergh JWW, Comber H, Forman D, Bray F. Cancer incidence and mortality patterns in Europe: Estimates for 40 countries in 2012. European Journal of Cancer. 2013;49:1374-403.
4.
Kim JH, Yu B, Feuer E. Permutation tests for joinpoint regression with applications to cancer rates. Statistics in Medicine. 2000;19:335-51.
5.
Efron B. Bootstrap Methods. Another look at the Jackknife. Annals of Statistics. 1979;7:126.