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GMDS 2013: 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

01. - 05.09.2013, Lübeck

Detektion unerwünschter Arzneimittelereignisse – Transparenzsteigerung in der Versorgungsforschung

Meeting Abstract

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  • Tobias Krahn - OFFIS - Institut für Informatik, Oldenburg, DE
  • Frerk Müller - OFFIS - Institut für Informatik, Oldenburg, DE
  • H.-Jürgen Appelrath - Universität Oldenburg, Oldenburg, DE

GMDS 2013. 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Lübeck, 01.-05.09.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocAbstr.48

doi: 10.3205/13gmds081, urn:nbn:de:0183-13gmds0812

Published: August 27, 2013

© 2013 Krahn et al.
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Einleitung und Fragestellung: Als ein wesentliches Ziel der Versorgungsforschung gilt die Evaluation der Wirksamkeit von Versorgungsprozessen unter Alltagsbedingungen. In diesem Zusammenhang sind unerwünschte Arzneimittelereignisse (UAE) ein Problem der öffentlichen Gesundheit. Schätzungen zufolge ergeben sich durch UAE jährliche Kosten in Höhe von 400 Mio. € [1]. Konkrete Fallzahlen von UAE liegen allerdings nicht vor. Insbesondere aus Sicht der Versorgungsforschung wird häufig die Kritik geäußert, dass keine systematischen Studien zur Häufigkeit von UAE existieren und daher Maßnahmen zur Steigerung der Arzneimittelsicherheit nicht ausreichend gerechtfertigt sind [2]. Aus informationstechnischer Perspektive ist hingegen die Tendenz zu beobachten, dass Diagnosen, Medikationen und weitere klinische Daten zunehmend elektronisch erfasst werden [3]. Daher stellt sich die Forschungsfrage, inwiefern diese Datensammlungen zur automatisierten Identifikation von (un-)bekannten UAE genutzt werden können, um die Transparenz der Wirksamkeit von Arzneimittelprodukten unter Alltagsbedingungen zu erhöhen.

Material und Methoden: Zur Beantwortung der Forschungsfrage wird ein Lösungskonzept bestehend aus drei Kernkomponenten entwickelt. Diese werden nachfolgend näher erläutert.

1.
Detektion bekannter UAE: Um unbekannte UAE detektieren zu können, ist Wissen über bereits bekannte UAE unabdingbar, da ansonsten keine Aussage über den Bekanntheitsgrad eines Ereignisses in Bezug auf ein Medikament getroffen werden kann. Hierzu wird eine Datenbank angebunden, in der die in den Fachinformationen eines Medikaments veröffentlichten UAE enthalten sind. Darüber hinaus können weitere Datenquellen genutzt werden, wie bspw. die Linked Data-Datenquellen von „DrugBank“ oder „DailyMed“, in denen ebenfalls Daten zu bekannten UAE und Medikamenten in den üblichen medizinischen Klassifikationssystemen (ICD, ATC, MedDRA) vorgehalten werden.
2.
Detektionsregeln: UAE können bspw. auch anhand von Laborwertparametern erkannt werden. Hierbei handelt es sich um Assoziationsregeln, die aus Bedingungen in Verbindung mit einem Ergebnis, dem UAE, bestehen. Diese Bedingungen können z.B. ein Medikament in Verbindung mit einer Patienteneigenschaft (z.B. Alter) oder einer Laborwertausprägung sein. Darüber hinaus existieren bekannte Antidote, deren Verschreibung auf das Vorhandensein eines UAE deutet; sie können ebenfalls mittels Assoziationsregeln modelliert werden.
3.
Detektion unbekannter UAE: Liegt kein bekanntes UAE vor, wird in dem gesamten Datenbestand mittels statistischem Data Mining nach unbekannten, verdächtigen Medikament/Ereignis-Kombinationen gesucht. Wird ein verdächtiges Ereignis gefunden und anschließend von einer medizinischen Fachkraft bestätigt, werden die zugrundeliegenden Rahmenbedingungen der betroffenen Patienten (z.B. Alter, Geschlecht, Vorerkrankungen etc.) mittels eines selbstlernenden Algorithmus extrahiert und als neu generiertes Wissen in Form einer Assoziationsregel abgespeichert.

Ergebnisse: Ein erster Prototyp erkennt bereits bekannte UAE auf Testdaten. Hierbei wurde eine Datenbank angebunden, die Daten zu über 45.000 bekannten UAE, klassifiziert nach dem MedDRA-Kodierungssystem, vorhält [4]. Dazu werden die Diagnosen als ICD-Codes auf MedDRA-Codes abgebildet und die Medikamente mithilfe der Linked Data-Quelle „DrugBank“ durch ATC-Codes angefragt, sodass UAE und Medikamente eindeutig identifiziert werden können.

Diskussion: Während zwar themenverwandte Arbeiten existieren, erhält das Thema aus Perspektive der Versorgungsforschung kaum Beachtung. Ein Blick auf die veröffentlichten Statistiken für 2011 unterstreicht zudem die Relevanz des Themas: Trotz der geringen Anzahl an gemeldeten Fällen ist die Anzahl an bekannten Todesfällen infolge von UAE höher als die Anzahl an Todesopfern im Straßenverkehr [5].

The research leading to these results has received funding from the European Community’s Seventh Framework Programme (FP7/2007-2013) under grant agreement no ICT-287800.


Literatur

1.
Carter RS, Stoller R, Russmann S. Arzneimittelsicherheit. In: Kullak-Ublick GA, Siepmann T, Kirch W, Hrsg. Arzneimitteltherapie – Wirksamkeit - Sicherheit - Praktische Anwendung. Stuttgart: Georg Thieme Verlag; 2012. p. 27-52.
2.
Aly AF. Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit in der Arzneimitteltherapie. In: von Eiff W, Hrsg. Patientenorientierte Arzneimittelversorgung – Sicherheit und Wirtschaftlichkeit des Arzneimittelmanagements. Stuttgart: Georg Thieme Verlag; 2011. p. 77-84.
3.
Schweiger A, Leimeister JM, Kremar H. Auf dem Weg zur integrierten Versorgung im Gesundheitswesen. In: Bohnet-Joschko S, Hrsg. Wissensmanagement im Krankenhaus: Effizienz- und Qualitätssteigerung durch versorgungsorientierte Organisation von Wissen und Prozessen. Berlin: Springer; 2007. p. 97-110.
4.
PROTECT: Methods for signal detection – reports and databases [Internet]. [letzter Aufruf: 18.03.2013]. Verfügbar unter: http://www.imi-protect.eu/methodsRep.shtml External link
5.
Statistisches Bundesamt Deutschland. Zahlen & Fakten – Wirtschaftsbereiche – Transport & Verkehr – Verkehrsunfälle [Internet]. [letzter Aufruf: 18.03.2013]. Verfügbar unter: https://www.destatis.de External link