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GMDS 2013: 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. (GMDS)

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie

01. - 05.09.2013, Lübeck

Adoption / Diffusion innovativer IT zur Unterstützung von Patientensicherheit – Vergleich Deutschland / Niederlande

Meeting Abstract

  • Matthias-Christopher Straede - Hochschule Osnabrück - University of Applied Sciences, Osnabrück, DE
  • Ursula Hübner - Hochschule Osnabrück - University of Applied Sciences, Osnabrück, DE
  • Jan-David Liebe - Hochschule Osnabrück - University of Applied Sciences, Osnabrück, DE
  • Irene Krediet - Hogeschool Windesheim, GB Zwolle, NL
  • William Goossen - Hogeschool Windesheim, GB Zwolle, NL

GMDS 2013. 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e.V. (GMDS). Lübeck, 01.-05.09.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocAbstr.239

doi: 10.3205/13gmds077, urn:nbn:de:0183-13gmds0773

Published: August 27, 2013

© 2013 Straede et al.
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Text

Einleitung: Eine optimierte Organisation von Behandlungsprozessen und die Kommunikation zwischen Beteiligten innerhalb der Versorgung sind Teile des Patientensicherheitsmanagements, um unerwünschte Ereignisse zu vermeiden oder zu reduzieren [1]. Der Einsatz von IT-Anwendungen hat dabei Einfluss auf Koordination, Kommunikation, Qualität und Effizienz in der Patientenversorgung [2], [3], [4], [5], [6], [7] und damit das Potential, die Versorgungsqualität im Hinblick auf Patientensicherheit zu verbessern [8]. Patientensicherheit wird in unterschiedlichen Ländern verschieden gehandhabt [7], [9]. In dieser Arbeit soll überprüft werden, ob sich die Durchdringungsrate von IT-Anwendungen zur Unterstützung der Patientensicherheit in deutschen und niederländischen Krankenhäusern unterscheidet.

Methode: Bezüglich der Unterstützung von Patientensicherheit durch elektronische Verfahren, wurden Daten des IT-Report Gesundheitswesen 2011 (n=193 Krankenhäuser; Rücklaufquote 9%) [10] sowie des Rapport IT-ontwikkelingen in de Nederlandse ziekenhuizen 2011 (n=20 Krankenhäuser; Rücklaufquote 15%) [11] analysiert. Beide Reports basierten auf einem ähnlichen Fragebogen mit 36 direkt vergleichbaren Fragen. In diesen wurden spezifische Daten zu IT-Systemen, die Patienten- und Arzneimitteltherapiesicherheit unterstützen, z.B. Patientenidentifikation und Unterstützung in der Arzneimitteltherapie, sowie allgemeine (Infra-) Strukturmerkmale, z.B. Systeme für klinische Dokumentationsfunktionen, die als begünstigend dafür angesehen werden konnten, erhoben. Die Häufigkeitsverteilungen wurden anschließend mit Hilfe von Chi2-Tests auf signifikante Unterschiede zwischen den Ländern überprüft und für Mehrfachtestung nach Bonferroni korrigiert.

Ergebnisse: Fünf von neun Systemen zur unmittelbaren Unterstützung der Patientensicherheit, nämlich zur Patientenidentifikation (pD=40,13%; pNL=88,24%), Produktidentifikation (pD=11,90%; pNL=81,82%), Arzneimittelgabe (pD=25,71%; pNL= 94,44%), Arzneimittelverfolgung (pD=21,01%; pNL=88,89%) sowie Unterstützung in der Arzneimitteltherapie (pD=32,90%; pNL=75,00%) waren in den Niederlanden signifikant häufiger vorhanden. In der Kategorie „Patientensicherheit im weiteren Sinne“ zeigten sich in fünf Fällen signifikante Unterschiede, beispielsweise das häufigere Vorhandensein eines Systems zur Intensivdokumentation (pD=37,34%; pNL=87,50%) und die vermehrte Nutzung mobiler Endgeräte (pD=17,42%; pNL= 60,00%) zur klinischen Datenerfassung in den Niederlanden. In den verglichenen Strukturmerkmalen, die als Kontextdaten angesehen wurden (z.B. demografische Angaben), ergaben sich in acht Fällen signifikante Unterschiede. Beispiele hierfür sind die höhere Anzahl von Vollzeitstellen in den IT-Abteilungen (ModusD=“unter 5 Stellen“ und ModusNL=“über 14 Stellen“) und das vermehrte Vorhandensein zentraler Ansprechpartner für IT in der Medizin (pD=28,30%; pNL=77,78%) und Pflege (pD=35,00%; pNL=64,71%) in niederländischen Krankenhäusern.

Diskussion: Die IT-Adoptionsrate zur Unterstützung der Patientensicherheit ist in niederländischen Krankenhäusern signifikant stärker ausgeprägt als in Deutschland. Gründe hierfür könnten einerseits in der stärkeren Umsetzung unterstützender interner Infrastrukturmerkmale liegen, wie beispielsweise zentralen Ansprechpartnern für die IT in der Medizin und Pflege sowie einer größeren Personalausstattung in den IT-Abteilungen. Andererseits könnten auf gesundheitssystemischer Ebene eine stärkere gesetzliche und institutionelle Verankerung in den Niederlanden (beispielsweise durch Richtlinien zur Arzneimitteltherapie oder die direkte Einbindung des Gesundheitsministeriums in die Überwachung der Patientensicherheit) einen begünstigenden Einfluss haben [12]. Strukturelle Unterschiede, bezüglich Größe und Art der Einrichtungen, können als weitere Einflussfaktoren für innovative IT angesehen werden [13], [14], [15]. In den Niederlanden gibt es prozentual weniger kleine Häuser als in Deutschland (bis 199 Betten 57% in D und 22% in NL) und prozentual auch mehr Universitätskliniken (pD=2% und pNL=6%), was sich auch in den jeweiligen Stichproben widerspiegelte. Die Ergebnisse ergänzen Untersuchungen niedergelassener Ärzte, die einen höheren IT-Funktionswert in den Niederlanden als in Deutschland aufzeigen [7], und machen zudem deutlich, dass in Deutschland Potential für die Adoption/Diffusion innovativer IT zur Unterstützung von Patientensicherheit vorhanden ist.


Literatur

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Aiken LH, Sermeus W, Van den Heede K, Sloane DM, Busse R, McKee M et al. Patient safety, satisfaction, and quality of hospital care: cross sectional surveys of nurses and patients in 12 countries in Europe and the United States. BMJ. 2012;344: e1717.
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11.
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12.
igz.nl [Internet]. Utrecht: Inspectie voor de Gezondheidszorg; [cited 2013 Mar 1]. Available from: http://www.igz.nl/onderwerpen/curatieve-gezondheidszorg/medicatieveiligheid/ External link
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