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Forum Medizin 21, 45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Paracelsus Medizinische Privatuniversität in Zusammenarbeit mit der Deutschen, Österreichischen und Südtiroler Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin

22.09. - 24.09.2011, Salzburg, Österreich

Kasugraphie als Instrument zur Klassifizierung und Risikoabschätzung

Meeting Abstract

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  • corresponding author presenting/speaker Waltraud Fink - Allgemeinpraxis, Karl Landsteiner-Institut, Straning, Österreich
  • author Gustav Kamenski - Allgemeinpraxis, Karl Landsteiner-Institut, Angern/March, Österreich
  • author Martin Konitzer - Lehrpraxis der Medizinischen Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland

45. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Forum Medizin 21. Salzburg, 22.-24.09.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11fom053

doi: 10.3205/11fom053, urn:nbn:de:0183-11fom0536

Published: September 14, 2011

© 2011 Fink et al.
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Hintergrund: Primär als selbstlimitierend-harmlos in Erscheinung tretende Beschwerdebilder können Anzeichen einer schweren Erkrankung im Sinne eines abwendbar gefährlichen Verlaufs (AGV) sein. Obwohl in der hausärztlichen Praxis die Inzidenz solcher Fälle niedrig ist, muss der Arzt/die Ärztin immer trachten, Schaden vom Patienten abzuwenden, und zwar auf systematischer Grundlage. Brauns Kasugraphie ist eine Systematik, die – angesichts der 300, in der Allgemeinpraxis am häufigsten gesehenen Krankheitsbilder – Entscheidungshilfen für die Differenzierung allfällig selbstlimitierender Erkrankungen von einem abwendbar gefährlichen Verlauf bereithält. Unsere retrospektive Studie versucht die Eignung der Systematik Brauns für Krankheitsklassifikation und Risikoeinschätzung zu evaluieren.

Material und Methoden: 100 Fallschilderungen aus Qualitätszirkeln, Zeitschriften, Schadensgutachten, und persönlichen Mitteilungen wurden im Laufe der letzten 10 Jahre gesammelt und dienten als Datengrundlage unserer Evaluierung.

Als Einschlusskriterien galten:

a) eine verzögerte oder versäumte Diagnosestellung;

b) der Allgemeinarzt spielte eine wichtige Rolle bei der Erstberatung, und

c) es mussten genügend Detailinformationen angegeben sein

Ergebnisse: Kasugraphische Begriffe konnten zu allen geschilderten Beschwerden in Beziehung gesetzt werden. In knapp der Hälfte der Fälle fand sich die schließlich diagnostizierte Krankheit bereits in der Liste der Abwendbar gefährlichen Verläufe. Bei einem Viertel der Fälle kann angenommen werden, dass eine in der Kasugraphie vorgeschlagene Checkliste, d.h. eine programmierte Diagnostik, einen Hinweis auf die Diagnose gegeben hätte. Beziehungsweise es hätte die Betrachtungsweise der Patientenbeschwerden anhand der Kasugraphie die Führung der Patienten optimiert im Sinne der Erwägung einer früheren Wiederbestellung, von weiteren Untersuchungen oder einer früheren Zuweisung zu Spezialisten oder ins Krankenhaus. Bei einem Viertel der Fälle schließlich war der Verlauf als schicksalhaft einzustufen, wo jedes diagnostische Bemühen scheitern musste. Im Hinblick auf eine Optimierung der Kasugraphie lassen zehn Fallschilderungen es angezeigt erscheinen, bei einzelnen Begriffen in der Kasugraphie eine bestimmte Krankheit in der Liste der Abwendbar gefährlichen Verläufe zusätzlich anzuführen.

Schlussfolgerung/Implikation: Die retrospektive Analyse der Fallschilderungen zeigt, dass es lohnt diese Art der strukturierten Klassifizierung von Gesundheitsstörungen an der „ersten ärztlichen Linie“ einzusetzen um das Risiko eines unerkannten Abwendbar gefährlichen Verlaufs zu mindern.


Literatur

1.
Braun RN. Kasugraphie: (K)ein Fall wie der andere ... Benennung und Klassifikation der regelmäßig häufigen Gesundheitsstörungen in der primärärztlichen Versorgung. 3. Aufl. Horn/Österreich: Verlag Berger; 2010.
2.
Braun RN, Mader FH. Programmierte Diagnostik in der Allgemeinmedizin. 82 Checklisten für Anamnese und Untersuchung. 5. Aufl. Berlin Heidelberg New York: Springer; 2005.