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EbM zwischen Best Practice und inflationärem Gebrauch
16. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin

Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e. V.

13.03. - 14.03.2015, Berlin

Implementierung von Evidenz-basierter Praxis in der Physiotherapie in Österreich: aktueller Stand und Faktoren, die das EBP Verhalten bestimmen

Meeting Abstract

EbM zwischen Best Practice und inflationärem Gebrauch. 16. Jahrestagung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin. Berlin, 13.-14.03.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15ebmC2b

doi: 10.3205/15ebm012, urn:nbn:de:0183-15ebm0125

Published: March 3, 2015

© 2015 Diermayr et al.
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Hintergrund und Fragestellung: Der Stellenwert von Evidenz-basierter Praxis (EBP) steigt in der Physiotherapie (PT), jedoch ist die Umsetzung in den Praxisalltag limitiert. Mögliche Barrieren dafür betreffen die organisatorische sowie auch die Therapeuten-Ebene. Gleichzeitig erhöht sich der Druck der Krankenkassen, EBP umzusetzen.

Das primäre Ziel der Studie war, den aktuellen Stand der Implementierung der EBP in der Physiotherapie in Österreich zu erheben. Als zweites Ziel wurden Einflussfaktoren für die Umsetzung von EBP Aktivitäten identifiziert.

Material/Methoden: Ein Online-Fragebogen wurde per Email an Mitglieder von Physio Austria (n = 4050) unter Anwendung der Dillmann-Methode gesendet. Die Fragebogen-Entwicklung war Literatur- und Theorie-geleitet und beinhaltete Experten-Interviews sowie Pilottestungen.

Um den aktuellen Stand der EBP Implementierung darzustellen, wurden die Ergebnisse beschreibend ausgewertet. Mittels Regressionsanalysen wurden Prädiktoren für die Umsetzung von EBP Aktivitäten berechnet.

Ergebnisse: Daten von 588 Teilnehmern wurden ausgewertet. Nur 10% der Teilnehmer stimmten voll zu, regelmäßig standardisierte Assessments anzuwenden und nach Leitlinien zu arbeiten. Die Hälfte der Teilnehmer gab an, nicht nach wissenschaftlicher Literatur zu recherchieren, jedoch lesen 75% 1-5 Artikel pro Monat. Diese Implementierungsrate geht einher mit einer schwachen Zustimmung mit positiven Aussagen über EBP und einem geringen empfundenen Druck, EBP umsetzen zu müssen. Bei 50% war EBP kein Bestandteil der PT-Ausbildung und nur 8-19% fühlen sich kompetent, EBP anzuwenden. Barrieren waren fehlende Zeit, mangelnde Kompetenzen und mangelnde Arbeitgeber-Unterstützung.

Prädiktoren für die Umsetzung von EBP Aktivitäten waren: Vorhandensein von Ressourcen, Kenntnisse über Forschungsergebnisse, positive Einstellung zu EBP, Mitarbeit an Forschungsprojekten, empfundene EBP Kompetenz, EBP Training während der PT-Ausbildung, und das Arbeiten in einer PT-Ausbildungsstätte.

Schlussfolgerung: Die Umfrage zeigt eine geringe EBP Implementierung bei österreichischen Physiotherapeuten. Die identifizierten Einflussfaktoren und die beschriebenen Barrieren dienen als Ansatzpunkte für Maßnahmen zur Förderung der Implementierung. Im Fokus sollen die Erweiterung wissenschaftlicher Kompetenzen und Veränderungen auf organisatorischer Ebene stehen. Die Studie bietet damit auch einen Ausgangspunkt für die Evaluierung der EBP Implementierung in den Gesundheitsberufen in Deutschland.