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16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

4. - 6. Oktober 2017, Berlin

STandardisierte BerichtsROutine für SekundärdatenAnalysen (STROSA) – ein konsentierter Berichtsstandard für Deutschland

Meeting Abstract

  • Enno Swart - Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg, Germany
  • Eva-Maria Bitzer - Pädagogische Hochschule Freiburg, Freiburg, Germany
  • Holger Gothe - IGES Institut GmbH, Berlin, Germany
  • Melanie Klein - DAK-Gesundheit, Hamburg, Germany
  • Falk Hoffmann - Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, Oldenburg, Germany
  • Dirk Horenkamp-Sonntag - WINEG, Hamburg, Germany
  • Birga Maier - Berliner Herzinfarktregister an TU Berlin, Berlin, Germany
  • Stefanie March - Medizinische Fakultät, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Magdeburg, Germany
  • Thomas Petzold - MDK Sachsen, Dresden, Germany
  • Rainer Röhrig - Carl-von-Ossietzky-Universität Oldenburg, Oldenburg, Germany
  • Alexander Rommel - Robert-Koch Institut Berlin, Berlin, Germany
  • Tania Schink - BIPS-Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie, Bremen, Germany
  • Christoph Wagner - AOK Nordost, Berlin, Germany
  • Stefanie Wobbe-Ribinski - DAK-Gesundheit, Hamburg, Germany
  • Jochen Schmitt - Universitätsklinikum Dresden, Dresden, Germany

16. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung (DKVF). Berlin, 04.-06.10.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. DocV199

doi: 10.3205/17dkvf044, urn:nbn:de:0183-17dkvf0445

Published: September 26, 2017

© 2017 Swart et al.
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Outline

Text

Hintergrund: Obgleich sich Sekundärdatenanalysen in den vergangenen Jahren zunehmend in der Gesundheitsforschung etabliert haben, existierten lange keine Empfehlungen für deren standardisierte, transparente und vollständige Berichterstattung. Ausgehend vom Berichtstandard STROBE [1] für epidemiologische Studiendesigns wurde 2014 ein erster Vorschlag für einen Berichtsstandard publiziert. Anschließend wurde dieser Vorschlag systematisch fortentwickelt.

Vorgehen: Die STROSA-Entwicklungsgruppe bestand aus 15 Experten der Arbeitsgruppe Erhebung und Nutzung von Sekundärdaten (AGENS) der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie (DGSMP) und der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie (DGEpi) sowie der Arbeitsgruppe Validierung und Linkage von Sekundärdaten des Deutschen Netzwerks Versorgungsforschung (DNVF) mit langjähriger Erfahrung in der Erschließung und wissenschaftlichen Nutzung von Sekundärdaten, vorzugsweise des deutschen Sozialversicherungssystems. In drei Präsenztreffen wurde die initiale Kriterienliste diskutiert, um zwei nicht überschneidungsfreie Kriterien gekürzt und jeweils mit Erläuterungen versehen. Ergänzend wurde STROSA anhand von vier Sekundärdatenanalysen aus Deutschland hinsichtlich Verständlichkeit, Praktikabilität und Vollständigkeit geprüft. Die revidierte Fassung wurde im Oktober 2016 als open-access-Publikation in der Zeitschrift Gesundheitswesen publiziert [2].

Ergebnis: Der innerhalb der Projektgruppe konsentierte, an die spezifischen deutschen Rahmenbedingungen angepasste Berichtsstandard für Sekundärdatenanalysen umfasst 27 Kriterien, die bei der Berichterstattung aus Deutschland kommuniziert werden sollten. Die Ergänzung der Kriterien um Erläuterungen und Beispiele guter Praxis aus Studien mit deutschen Sekundärdatendaten sollen konkrete Hilfestellung bei der Anwendung geben. STROSA unterscheidet sich vom Berichtstandard STROBE (22 Kriterien) vor allem durch zusätzliche Kriterien im Bereich Methoden und Diskussion. Im Einzelnen handelt es sich dabei um die Kriterien Datenquelle, Rechtsgrundlage, Datenschutz, Datenfluss, Auswahlkriterien und Analyseeinheit bzw. interne Validität, Risiko von Verzerrungen sowie Stärken und Schwächen der Sekundärdatenanalyse.

Es liegen inzwischen erste Erfahrungen mit STROSA aus einer systematischen Bewertung von Herstellerdossiers gemäß AMNOG im Zuge der frühen Nutzenbewertung vor. Unter zwölf Studien zur Abschätzung der Risikopopulation mit Nutzung von GKV-Daten wurden dabei durch das IQWiG bei der Mehrheit der Studien eine mangelhafte Beschreibung besonders bzgl. Rechtsgrundlage, Datenschutz, Datenfluss, Ein- und Ausschlusskriterien, Methoden der internen Validierung und Beschreibung der Grundgesamtheit nach soziodemographischen Merkmalen sowie der Methodendiskussion festgestellt. Als Konsequenz aus dieser Analyse wurde STROSA neu im Anforderungskatalog des IQWiG für pharmazeutische Unternehmen aufgenommen.

Ausblick: Die vorliegende Version von STROSA wird einer weiteren strukturierten wissenschaftlichen Diskussion unterzogen unter Einbeziehung von Mitgliedern maßgeblicher Fachgesellschaften. Schriftleitungen deutschsprachiger wissenschaftlicher Zeitschriften sollen ebenfalls in diesen Prozess involviert werden. Parallel zu STROSA wurde mit RECORD 2015 ein internationaler Berichtsstandard für Routinedatenanalysen publiziert [3], der inzwischen in einer deutschen Übersetzung vorliegt. RECORD erscheint in Hinblick auf das deutsche Gesundheitssystem etwa in Bezug auf sozial- und datenschutzrechtliche Aspekte nicht hinreichend spezifisch. Ein Austausch mit der RECORD-Arbeitsgruppe ist bei der anstehenden Überarbeitung vorgesehen.

Es wird angestrebt, STROSA als Berichtsstandard für Sekundärdatenanalysen aus Deutschland zu implementieren, um Rezipienten vollständige und strukturierte Informationen über Sekundärdatenanalysen und damit eine Einschätzung ihrer internen und externen Validität zu ermöglichen. Dabei ist STROSA als Ergänzung der Guten Praxis Sekundärdatenanalyse (GPS) zu verstehen und sollte zusammen mit anderen Berichtstandards Eingang in die Autorenrichtlinien maßgeblicher Zeitschriften finden.


Literatur

1.
von Elm E, et al. The Strengthening the Reporting of Observational Studies in Epidemiology (STROBE) statement: guidelines for reporting observational studies. The Lancet. 2007;370(9596):1453-1457.
2.
Swart E, et al. A Consensus German Reporting Standard for Secondary Data Analyses, Version 2 (STROSA-STandardisierte BerichtsROutine fur SekundardatenAnalysen). Gesundheitswesen. 2016;78(S 01):e145-e160.
3.
Benchimol EI, et al. The REporting of studies Conducted using Observational Routinely-collected health Data (RECORD) statement. PLoS Medicine. 2015;12(10):e1001885.