gms | German Medical Science

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Meta-Analysen aus Beobachtungsstudien – Nutzbarkeit für die Erstellung von evidenzbasierten Gesundheitsinformationen am Beispiel des Kaiserschnitts

Meeting Abstract

Search Medline for

  • Sunya-Lee Antoine - Institut für Forschung in der operativen Medizin (IFOM), Universität Witten/Herdecke, Evidenzbasierte Versorgungsforschung, Köln, Deutschland
  • Anke Steckelberg - Universität Hamburg, MIN-Fakultät, Gesundheitswissenschaften, Hamburg, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocP046

doi: 10.3205/15dkvf281, urn:nbn:de:0183-15dkvf2811

Published: September 22, 2015

© 2015 Antoine et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Hintergrund: Für die Erstellung von evidenzbasierten Gesundheitsinformationen können aktuelle, methodisch hochwertige Datensynthesen hilfreich sein. Fragestellungen, für die nur Datensynthesen aus Beobachtungsstudien vorliegen, stellen eine Herausforderung für den Erstellungsprozess dar.

Fragestellung: Anhand der Gesundheitsinformation zu den Geburtsmodi vaginale Geburt und Kaiserschnitt sollen am Beispiel der Auswirkungen der Geburtsmodi auf die Risiken des Kindes für Adipositas und Asthma die Nutzbarkeit der Meta-Analysen und Systematischen Übersichtsarbeiten bewertet werden.

Methoden: Es wurden systematische Literaturrecherchen in den Datenbanken PubMed und EMBASE durchgeführt und die Referenzlisten relevanter Arbeiten gescreent. Da keine Evidenz aus randomisiert-kontrollierten Studien vorhanden ist, wurden Meta-Analysen und Systematische Übersichtsarbeiten aus Beobachtungsstudien eingeschlossen und zusätzlich nach prospektiven Kohortenstudien gesucht. Die methodische Qualität wurde mit AMSTAR und der SIGN Checkliste bewertet. Es wurden nur hochwertige prospektive Kohortenstudien berücksichtigt, die nach kritischer Bewertung mindestens „acceptable“ waren Die Bewertung der gesamten Evidenz erfolgte nach GRADE. Die Selektion der Arbeiten und kritische Bewertung erfolgte durch beide Autorinnen unabhängig voneinander.

Ergebnisse: Von 300 Treffern wurden 7 Meta-Analysen eingeschlossen (Asthma n=3; Adipositas n=4). In 5 von 7 Meta-Analysen wurde keine kritische Bewertung der einbezogenen Studien berichtet.

Für den Endpunkt Asthma zeigen die 3 Meta-Analysen einen signifikanten Zusammenhang zwischen Kaiserschnitt und Asthma: OR 1,18 (95% CI 1,05–1,32); OR 1,22 (95% CI 1,14–1,29) und OR 1,16 (95% CI 1,14–1,29).

Für den Endpunkt Adipositas wurden 4 Meta-Analysen eingeschlossen. Alle Meta-Analysen zeigten einen signifikanten Zusammenhang zwischen Kaiserschnitt und Adipositas: Inzidenz Übergewicht 1,26 (95% CI 1,16–1,38; p<0,00001), Adipositas OR 1,22 (95% CI 1,05–1,42; p = 0,01), RR 1,34 (95% CI 1,18–1,51) und OR 1,33 (95% CI 1.19, 1.48) (OR 1,2 (95% CI 1,15–1,51 für Kinder), OR 1,24 (95% CI 1,00–1,54 für Jugendliche) und OR 1,50 (95% CI 1,02–2,20 für Erwachsene).

Werden lediglich die hochwertigen, prospektiven Kohortenstudien berücksichtigt, ergeben sich folgende Ergebnisse:

Asthma: In 2 Studien mit 8.938 Kindern konnte kein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen Geburtsmodus und Asthma gezeigt werden: OR 1,16 (95% CI 0,9–1,5), 0,2% vs. 0,5% p= 0,47.

Adipositas: In zwei Studien mit 30979 Kindern konnten nach 7 und 21 Jahren keine Zusammenhänge zwischen Geburtsmodus und Übergewicht gezeigt werden: OR 1,18 (95% CI 0,95–1,47) und OR 1,1 (95% CI: 0,8–1,5).

Praktische Implikationen: Die Nutzbarkeit von Datensynthesen aus Beobachtungsstudien scheint fraglich. Die Berücksichtigung von Beobachtungsstudien in Gesundheitsinformationen stellt besondere Ansprüche an die kritische Bewertung der Originalarbeiten. Die Kommunikation des damit verbundenen Verzerrungspotentials ist unerlässlich. Dem Diskurs „reducing waste“ folgend, sollten hochwertige, prospektive Kohortenstudien angeregt werden statt neuer Datensythesen auf der Grundlage von retrospektiven Kohorten und Fall-Kontroll Studien.