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Patientenbedürfnisse im Rahmen der Asthmatherapie: Entwicklung und Validierung eines Fragebogens
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Published: | September 22, 2015 |
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Hintergrund: In der Asthmaforschung sowie zur Therapiesteuerung werden vielfach „patient-reported outcomes“ (PROMs) eingesetzt. Bislang existiert jedoch kein PROM, das erfasst, in welchem Umfang die Bedürfnisse von Asthmapatienten im Rahmen ihrer Therapie erfüllt werden. Die Berücksichtigung dieser Bedürfnisse könnte zu einer verbesserten Arzt-Patienten-Kommunikation, besserer Adhärenz und somit einer günstigeren Asthmaprognose beitragen.
Fragestellung: Ziel dieser Studie war es, einen Fragebogen zu entwickeln, der Bedürfnisse im Rahmen der Asthmatherapie aus Patientensicht abbildet.
Methode: Erwachsene Asthmapatienten wurden über verschiedene Kanäle rekrutiert (z.B. niedergelassene Ärzte, Rehakliniken, Apotheken und Patientenverbände). Es wurde ein sequentiell-exploratives Mixed Methods Design verwendet, das drei Phasen umfasste: 1) Bedürfnisse wurden in fünf Fokusgruppen mit 35 Patienten exploriert (inhaltsanalytische Auswertung), 2) das Studienteam entwickelte Fragebogenitems, die mit Hilfe der Fokusgruppenteilnehmer bei erneuten Treffen (n=25) und durch kognitive Interviews in einer unabhängigen Stichprobe (n=10) modifiziert, reduziert und hinsichtlich ihrer Validität und anderer Aspekte evaluiert wurden, 3) unter 362 Patienten wurde eine Fragebogenstudie durchgeführt, um den Itempool weiter zu reduzieren und die psychometrischen Eigenschaften zu ermitteln (u.a. durch explorative Faktorenanalyse). Weiterhin wurde die Validität des Fragebogens überprüft. Dies geschah durch die Quantifizierung der Zusammenhänge zwischen unerfüllten Bedürfnissen und Asthmakontrolle, asthma-spezifischer Lebensqualität und einer Gesamteinschätzung der Zufriedenheit mit der aktuellen Asthmatherapie (jeweils erfasst anhand etablierter Skalen).
Ergebnisse: In den Fokusgruppen wurde eine Vielzahl von Patientenbedürfnissen thematisiert, die sich in vier Kategorien einteilen ließen: 1) Informationsbedürfnisse, 2) Berücksichtigung der Patientenperspektive und -expertise bei der 2) Diagnose sowie 3) der Therapie und 4) Umgang mit asthma-bezogenen Ängsten. Das Studienteam entwickelte 45 Items auf Basis der Fokusgruppen, die durch qualitatives und quantitatives Feedback aus den erneuten Fokusgruppentreffen und den kognitive Interviews auf 22 Items reduziert wurden. In der Fragebogenstudie wurde die Item-Anzahl auf 13 Fragen reduziert, die sich in vier Subskalen gruppierten („Patientenexpertise“, „Medikamenteneffekte“, „Umgang mit Medikamenten“ und „Asthmaanfälle“). Die interne Konsistenz war für diese Subskalen (Cronbach’s alpha >0.7) zufriedenstellend und für den Gesamtscore sehr gut (Cronbachs alpha=0.9). Zunehmende Werte auf den Subskalen und dem Gesamtscore (d.h. ausgeprägte Bedürfnisse) wiesen enge und konsistente Zusammenhänge mit verschiedenen asthma-spezifischen Indikatoren auf, d.h., unerfüllte Bedürfnisse gingen mit einer schlechteren Asthmakontrolle, geringerer Lebensqualität und reduzierter Zufriedenheit mit der Asthmatherapie einher.
Diskussionen: Bei der Entwicklung dieses Fragebogens wurde durch mehrstufige qualitative Studienphasen insbesondere Wert auf die valide Abbildung der Patientenperspektive gelegt. Der entwickelte Fragebogen weist darüber hinaus gute psychometrische Eigenschaften auf und scheint mit 13 Items einen praktikablen Umfang zu haben. Weitere psychometrische Eigenschaften des Fragebogens, wie z.B. die Test-Rest-Reliabilität, die prädiktive Validität im Längsschnitt, die Änderungssensitivität und der Zusammenhang mit objektiven klinischen Markern der Asthmamorbidität (z.B. Spirometrie), sollten in zukünftigen Studien untersucht werden.
Praktische Implikationen: Bei erfolgreicher weiterführender Validierung kann unser Fragebogen in der Versorgungsforschung Anwendung finden. Versorgungwissenschaftlich könnten die Prävalenz und Determinanten unerfüllter Patientenbedürfnisse in der Asthmatherapie mit dem Ziel untersucht werden, Interventionen abzuleiten. Nach weiteren Studien zur Einsatzmöglichkeiten und Akzeptanz unseres Instrumentes im klinischen Kontext könnte der Fragebogen die patienten-zentrierte Versorgung stärken und shared-decision making fördern. Weiterhin wäre die Verwendung im rehabilitativen Bereich denkbar, z.B. vor und nach Patientenedukationsprogrammen, um diese zu evaluieren bzw. um verbleibende Bedürfnisse der Patienten individuell zu thematisieren.