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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) im Praxisalltag von Augenärzten

Meeting Abstract

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  • Christian Wolfram - Universitätsmedizin Mainz, Augenklinik, Hamburg, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocP023

doi: 10.3205/15dkvf215, urn:nbn:de:0183-15dkvf2154

Published: September 22, 2015

© 2015 Wolfram.
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Hintergrund: Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) sind aus dem Gesundheitswesen heute kaum mehr wegzudenken. Der „zweite Gesundheitsmarkt“ ist für viele zu einem wichtigen wirtschaftlichen Faktor geworden, die Augenheilkunde gilt dabei als einer der am meisten „igelnden“ Fachbereiche. Die Rolle von IGeL wird in der Öffentlichkeit als auch innerhalb der medizinischen Berufe kontrovers diskutiert.

Fragestellung: Welche medizinische und wirtschaftliche Bedeutung haben IGeL in der Berufspraxis von Augenärzten?

Methode: Im Rahmen einer Online-Umfrage unter den Mitgliedern der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) und des Berufsverbandes der Augenärzte Deutschlands (BVA) wurde die Bedeutung von IGeL in der ophthalmologischen Berufspraxis erfragt. 1.361 Augenärzte (etwa ein Fünftel aller Augenärzte in Deutschland) nahmen an der Umfrage teil.

Ergebnisse: 87,5 Prozent der Augenärzte sehen eine Gefährdung der Behandlungsqualität, wenn medizinisch notwendige IGeL nicht in Anspruch genommen werden. 78,9 Prozent halten die Kosten für IGeL den Patienten für zumutbar. 65,6 Prozent geben an, ohne IGeL wirtschaftlich kaum mehr überleben zu können. IGeL machen bei etwa der Hälfte der Befragten über zehn Prozent der Gesamteinnahmen aus, bei 13 Prozent sogar über 20 Prozent. 57,5 Prozent wünschen eine Abschaffung von IGeL und eine Ausdehnung des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenkassen. Mit höherem wirtschaftlichen Anteil von IGeL in der eigenen Praxis sinkt die Bereitschaft zur IGeL-Abschaffung auf eine Minderheit.

Diskussion: IGeL haben eine große Bedeutung für die Augenheilkunde. Entgegen den Bewertungen von IQWiG, DIMDI und Krankenkassenverbänden zu einzelnen IGeL-Leistungen in der Augenheilkunde besteht unter den befragten Augenärzten weitestgehend Einigkeit, dass IGeL medizinisch notwendige Behandlungsleistungen abdecken. Hier liegt offenbar eine Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung der Kostenträger und der alltäglichen Erfahrung der Augenärzte vor.

Auch wirtschaftlich haben IGeL für viele Augenärzte mittlerweile ein so großes Gewicht, dass sie mehrheitlich angeben, darauf angewiesen zu sein. IGeL abzuschaffen wäre ohne eine wesentliche Aufwertung der Grundvergütung für die Augenheilkunde nicht durchführbar.

Praktische Implikationen:

1.
Augenärzte haben sich mit IGeL in der täglichen Berufspraxis arrangiert.
2.
Der Wunsch nach einer Abschaffung von IGeL steht die hohe wirtschaftliche Bedeutung in der eigenen Existenz entgegen.
3.
Das Verhältnis zwischen Patient und Arzt scheint von IGeL – zumindest aus der Perspektive von Ärzten - nicht wesentlich verändert zu sein.
4.
In der Augenheilkunde stellen IGeL einen Teil der medizinischen Basisversorgung dar und sollten nicht vorschnell als unnötige Luxusleistungen gebrandmarkt werden.