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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Prädiktoren der Leitlinienadhärenz der adjuvanten Chemotherapie beim Mammakarzinom – Die BRENDA II Studie, eine prospektive multizentrische Kohortenstudie

Meeting Abstract

  • Lukas Schwentner - Universität Ulm, Universitätsfrauenklinik, Ulm, Deutschland
  • Achim Wöckel - Universitätsfrauenklinik Würzburg, Würzburg, Deutschland
  • Reyn Van Ewijk - Department of Law and Economics, Mainz, Deutschland
  • Wolfgang Janni - Universität Ulm, Universitätsfrauenklinik, Ulm, Deutschland
  • Rolf Kreienberg - Universität Ulm, Universitätsfrauenklinik, Ulm, Deutschland
  • Maria Blettner - IMBEI, Mainz, Deutschland
  • Susanne Singer - IMBEI, Mainz, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocP096

doi: 10.3205/15dkvf179, urn:nbn:de:0183-15dkvf1798

Published: September 22, 2015

© 2015 Schwentner et al.
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Text

Hintergrund: Die Leitlinienadhärenz in der Primärtherapie des Mammakarzinoms ist ein wichtiger Prädiktor für den Outcome der Patientinnen. Die Leitlinienadhärenz wird voraussichtlich von Patientinnen- und Arzt-bezogenen Faktoren beeinflusst. Diese Studie untersucht den Einfluss Patientinnen- und Arzt-bezogener Faktoren auf die adjuvante Chemotherapie beim primären Mammakarzinom.

Material und Methodik: Die BRENDA II Studie ist eine prospektive multizentrische Kohortenstudie mit 4 partizipierenden zertifizierten Brustkrebszentren in Baden-Württemberg. Zwischen 2008 und 2009 wurden dabei 857 Patientinnen mit primärem Mammakarzinom eingeschlossen. Diese Patientinnen wurde zu 3 Zeitpunkten vor und während der adjuvanten Therapie befragt. Zusätzlich wurden die Therapieentscheidungen, tatsächlich durchgeführte Therapien und der Follow-up erhoben.

Ergebnisse: In 8.5% der Fälle war lt. Leitlinie keine Chemotherapie indiziert. Das interdisziplinäre Tumorboard (TB) indizierte in 49.8% der Fälle eine adjuvante Chemotherapie. 84.5% der Patientinnen waren mit der Entscheidung des TB einverstanden. 15.5% waren nicht einverstanden, wobei diese Patientinnen als wichtigsten Grund für die Entscheidung Angst und Kosten-Nutzen-Imbalance angaben. Die Leitlinienadhärenz zur Chemotherapie lag innerhalb der Studie sehr hoch bei 98.1%, es gab lediglich in 12 Fällen eine Untertherapie. 20.5% der Patientinnen hatten somatische und 21.6% hatten psychische Komorbiditäten. Insgesamt 65% berichteten, große Angst vor der Chemotherapie zu haben.

Das TB indizierte signifikant seltener eine adjuvante Chemotherapie bei älteren Patientinnen >75 Jahre (OR 0.4), bei somatischen Komorbiditäten (OR 0.5) und großer Angst (OR 0.6) vor der Therapie. Abweichungen von der empfohlenen Therapie waren häufiger bei älteren Patientinnen (OR 0.3) und schlechter Lebensqualität (OR 0.7). Weder die TB Entscheidung noch die Abweichungen der empfohlenen Therapie korrelierte mit dem Bildungsstand der Patientin oder mit deren psychischer Komorbidität.

Diskussion: Sowohl Patientinnen- als auch Arzt-bezogene Faktoren beeinflussen die Leitlinienadhärenz in der Primärtherapie des Mammakarzinoms. Entscheidung und Durchführung der adjuvanten Chemotherapie sind beeinflusst durch das Alter, somatische Komorbiditäten, Ängste in Zusammenhang mit der Chemotherapie und die Lebensqualität.

Praktische Implikationen: Ein tieferes Verständnis für die Gründe nicht-konformer adjuvanter Chemotherapie ermöglicht die Definition von Subgruppen, die von einer gezielten Intervention profitieren können. Die Erhöhung leitlinienkonformer adjuvanter Therapie kann die Prognose im alltäglichen Kollektiv von Mammakarzinompatientinnen substantiell verbessern.