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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Das betriebliche Rehabilitationskonzept bei der Salzgitter AG: Erfolgsfaktoren und Strategien für die Praxis

Meeting Abstract

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  • Birgit Leineweber - BKK MedPlus Center Salzgitter AG, Medizinisches Kompetenzzentrum Personal-Sozialpolitik, Salzgitter, Deutschland
  • Bernd Marquardt - BKK MedPlus Center Salzgitter AG, Medizinisches Kompetenzzentrum Personal-Sozialpolitik, Salzgitter, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocV107

doi: 10.3205/15dkvf129, urn:nbn:de:0183-15dkvf1298

Published: September 22, 2015

© 2015 Leineweber et al.
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Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels gewinnen der Erhalt bzw. die Wiederherstellung der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit sowohl aus arbeitsmarktpolitischer als auch gesundheitspolitischer Sicht immer mehr an Bedeutung. Im Lohnempfängerbereich der Salzgitter AG sind z.B. heute schon 60% aller Belegschaftsmitglieder über 40 Jahre alt. Damit kommt es dort zu demografisch bedingten Verschiebungen im Krankheitspanorama zu chronischen, nicht-übertragbaren Erkrankungen und zu Veränderungen in der Zusammensetzung des Arbeitnehmerklientels. Dies hat sowohl Konsequenzen für die Ausrichtung der betrieblichen Gesundheits- und Personalpolitik in den Unternehmen als auch für das Handeln der überbetrieblichen Akteure, insbesondere der Sozialversicherungsträger. Rund ein Drittel der Beschäftigten sind in Deutschland von chronischen Erkrankungen betroffen. Sie sind mittlerweile der häufigste Grund einer gesundheitsbedingten Frühberentung (Robert-Koch-Institut 2006). Betriebe und Sozialversicherungsträger haben daher ein gemeinsames Interesse daran, einerseits betroffene Beschäftigte im Erwerbsleben und an ihrem bisherigen Arbeitsplatz zu halten und andererseits die Wiedereingliederung von betroffenen Beschäftigten effizient zu gestalten. Verschiedene Analysen haben jedoch wiederholt auf bestehende Schwachstellen sowohl in Bezug auf die betriebliche Ebene, als auch hinsichtlich der Sozialversicherungsträger hingewiesen. Insbesondere die Qualität der Schnittstellenkoordination und der sektorenübergreifenden Kooperation weisen danach Defizite auf.

Mit einem kompetenten Netzwerk gegen die Probleme des demographischen Wandels zu arbeiten und gegen Ressourcenverluste durch Schnittstellenprobleme anzugehen – das ist das Ziel der Netzpartner, die an den betrieblichen Rehabilitationskonzepten (BeReKo) der BKK Salzgitter, der Salzgitter AG und der DRV Braunschweig-Hannover beteiligt sind.

Beispielhaft sollen anhand der Maßnahmen der Salzgitter AG erläutert werden, wie eine Kooperation zwischen der DRV Braunschweig-Hannover und der BKK Salzgitter eine optimale Versorgung von erkrankten oder gefährdeten Versicherten gewährleistet und sich zum Wohle von Versichertem, Betrieb, Krankenversicherung und Rentenversicherung gestaltet.

Das Ziel für alle Beteiligten an unserem Projekt ist der Erhalt des Arbeitsplatzes des erkrankten Mitarbeiters. Arbeitsplatzanforderung, individuelle Leistungsfähigkeit im Kontext zum Arbeitsplatz und persönliche Problemdarstellung – dies wird bei den Maßnahmen berücksichtigt und in ein Therapiekonzept eingefügt.

Um eine möglichst hohe Akzeptanz beim Versicherten zu erreichen, sind die angebotenen Maßnahmen individuell auf die Bedürfnisse des Betroffenen zugeschnitten. Die Leistungsangebote sind immer auf Arbeitsplatz und Krankheitsdiagnose fokussiert. Der Ausprägungsgrad der Erkrankung wird berücksichtigt, wobei versucht wird, den Versicherten schon im Frühstadium ihrer Erkrankung eine gezielte Unterstützung anzubieten. Durch eine dichte Vernetzung der Leistungsanbieter kann die Maßnahme zeitnah und straff organisiert angeboten werden. Alle beteiligten Strukturen sind so installiert, dass für diagnostische Abläufe und Therapiemaßnahmen nicht mehr als 15 Tage Wartezeit einzuplanen sind – in akuten Fällen kann die Maßnahme auch schneller erfolgen.

Zusätzlich wird der Versicherte durch ein konsequentes Case-Management in den Verlauf mit eingebunden: Termine und Abläufe werden mit ihm abgesprochen und entsprechend für ihn organisiert. Er erhält die Untersuchungs- oder Testergebnisse zur eigenen Einsicht und kann jederzeit fachkompetente Erläuterungen dazu abfragen.

Für viele Projektteilnehmer ist gerade dieser Aspekt des „Kümmerns“ ein ganz wesentlicher Bestandteil des Versorgungsangebotes. Es bedeutet eine erhebliche Organisationserleichterung für den Betroffenen und durchgehend strukturierte Versorgungsabläufe für alle Projektbeteiligten. Schnittstellenverluste werden so weitgehend ausgeschaltet.

Das BeReKo der Salzgitter AG wurde für vier für den Betrieb relevante Krankheitsgruppenentwickelt: Muskel- und Skeletterkrankungen, psychische Erkrankungen, Adipositas und die chron. Schmerzerkrankung. Neben diesen Gemeinschaftsprojekten bieten die BKK Salzgitter sowie die DRV Braunschweig-Hannover betriebsbezogene Leistungen im Rahmen ihres Versorgungsauftrags an, die von den Betrieben zur Unterstützung eines BEM-Verfahrens oder von betrieblichen Präventionsleistungen abgerufen werden kann.

Die große Akzeptanz unserer Projekte bei den Betrieben und den Arbeitnehmern sowie die Erfolgsquoten aus ökonomischer, gesundheitspolitischer und arbeitsmarktpolitischer Sicht machen diese Projekte zu interessanten Blaupausen im Rahmen des BGM.