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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Sektorengrenzen überwinden: Versorgungskontinuität durch digitale Vernetzung von Routinedaten

Meeting Abstract

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  • Madlen Fiebig - ePA-CC GmbH, Department Forschung & Entwicklung, Wiesbaden, Deutschland
  • Dirk Hunstein - ePA-CC GmbH, Geschäftsführer, Wiesbaden, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocFV66

doi: 10.3205/15dkvf123, urn:nbn:de:0183-15dkvf1231

Published: September 22, 2015

© 2015 Fiebig et al.
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Hintergrund: Auf Grund der demographischen Veränderungen ergeben sich neue Handlungsbedarfe, auf die die Versorgungsforschung reagieren muss. Diesen Veränderungstendenzen lässt sich aber nicht mit einfachen Lösungen begegnen. Innovative und optimierte Versorgungsabläufe sind erforderlich und fordern das Zusammenwirken verschiedener Akteure über Sektorengrenzen hinaus. Damit wird das segmentierte Gesundheitssystem zunehmend vor die Herausforderung einer sektorenübergreifenden Dokumentation gestellt. Nur so kann ein schneller und sicherer Informationstransfer gelingen. Derzeit bricht der Informationsfluss spätestens dann ab, wenn Zustandsdaten eines Patienten von einer Versorgungsform an die nächste weiter gegeben werden sollen – wenn nicht sogar schon beim (Fachrichtungs-)Wechsel innerhalb einer Einrichtung. Was für den Patienten oder Bewohner zum Risiko werden kann, weil relevante Informationen möglicherweise nicht weitergegeben werden, führt bei Fragestellungen der Versorgungsforschung zunächst „nur“ zu einer fehlenden Nachvollziehbarkeit der Veränderungen von z. B. funktionalen und kognitiven Fähigkeiten beim Wechsel von Versorgungsformen. Denkt man diese Lücke aber weiter, wird schnell deutlich, dass z. B. Follow-up Messungen von Rehabilitationserfolgen (Langzeiterfolg, langfristige Wirksamkeit von Maßnahmen) allenfalls mit hohem Aufwand möglich sind, von einem kontinuierlichen Monitoring oder epidemiologischen Betrachtungen von Veränderungen ganz zu schweigen.

Eine weitere Herausforderung ist die Fülle der im Behandlungsprozess generierten Daten. Die umfassenden Datenmengen haben das Potenzial für wertvolle Erkenntnisse auch in Hinblick auf eine evidenzbasierte Entscheidungsfindung in der Versorgungsforschung. Dies verstärkt die Suche nach geeigneten Verfahren zur automatisierten Informationsgewinnung und –aufbereitung, um aus den routinehaft erfassten Massendaten die relevanten Informationen herauszufiltern.

Fragestellung: Wie kann ein sektorenübergreifendes Datenmodell zur Erfassung von Patientenzuständen (Fähigkeiten und Beeinträchtigungen) aus der pflegerischen Routinedokumentation aussehen?

Methode:

1.
Konzeption eines einheitlichen Datenmodells auf Basis eines standardisierten Assessmentverfahrens (hier: ergebnisorientiertes PflegeAssessment mit seinen Instrumenten ePA-AC [AcuteCare], ePA-RehaC [RehaCare], ePA-HC [HomeCare] und ePA-LTC [LongTermCare]. Das einheitliche Datenmodell basiert auf einer kongruenten Messmethode, Items und Skalierungen. Hierüber erfolgt eine „Quasi-Normierung“. So kann die Erfassung von Basisdaten zu funktionalen und kognitiven Fähigkeiten mit Auswirkungen auf die Selbstversorgung des Menschen (z. B. Patient, Bewohner) unabhängig vom Setting und vom Versorgungsbereich sicher gestellt werden.
2.
Entwicklung eines Modells zur Datenaufbereitung und Verwendung für Fragestellungen der Versorgungsforschung. Dabei werden Vorschlägen zur Nutzung von Data-Mining Ansätzen erarbeitet.

Ergebnisse: Die Integration eines einheitlichen Datenmodells mittels des Basisassessments ePA-n ist in über 120 Einrichtungen des Gesundheitswesens im akutstationären, im rehabilitativen Bereich sowie in der Langzeitpflege erfolgt – bisher allerdings nur monosektoral. Einrichtungszentrierte Betrachtungsweisen zur Wirksamkeit therapeutisch pflegerischer Maßnahmen (bspw. Wiedergewinn von Mobilität oder Kontinenzentwicklung) aus den Routinedaten des Pflegeprozess werden also bereits umgesetzt.

In einem nächsten Schritt sollen die monosektoralen Betrachtungen durch eine Betrachtung in Versorgungsketten komplementiert werden. Dieser Ansatz soll anhand eines Musterfalls exemplarisch an den Themenbereichen Bewegung und Kontinenz demonstriert werden.

Durch die digitale Vernetzung von Routinedaten mittels eines einheitlichen Datenmodells zeigen sich unterschiedliche Nutzenfunktionen:

Nutzen für Patienten: regelhafte Evaluation, Risikoerfassung und Abbildung der Risikoentwicklung, Verlaufsdarstellung über den Versorgungsprozess,

Nutzen für Einrichtungen: standardisierter Datenfluss, bidirektionaler Datenaustausch, erleichterter Informationsbeschaffungsprozess, regelhafte Evaluation, Darstellung von Ergebnisqualität, Vergleichbarkeit der Daten im gesamten Versorgungsprozess,

Nutzen für Versorgungsforschung: Verfahren zur evidenzbasierten Entscheidungsfindung,

Nutzen für Politik: Darstellung von Versorgungs- und Ergebnisqualität, Versorgungskontinuität, sektorenübergreifende Qualitätsverantwortung, Gesundheits-berichterstattung (NMDS).

Diskussion: Im Vortrag soll der Modellansatz zur Versorgungskontinuität durch digitale Vernetzung von Routinedaten diskutiert werden. In diesem Zusammenhang sollen auch die Nutzenaspekte aus unterschiedlichen Perspektiven erörtert werden. Daneben werden Konzeptansätze zur evidenzbasierten Entscheidungsfindung für die Versorgungsforschung auf der Grundlage des einheitlichen Datenmodells demonstriert.