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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Depressive Störungen bei Frauen und Männern mit koronarer Herzerkrankung: Behandlungsraten und Einstellungen zu antidepressiver Therapie

Meeting Abstract

  • Nina Rieckmann - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin School of Public Health, Berlin, Deutschland
  • Volker Arolt - Universitätsklinikum Münster, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Münster, Deutschland
  • Wilhelm Haverkamp - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Kardiologie, Berlin, Deutschland
  • Peter Martus - Institut für Klinische Epidemiologie und angewandte Biometrie, Tübingen, Deutschland
  • Andreas Ströhle - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Berlin, Deutschland
  • Johannes Waltenberger - Universitätsklinikum Münster, Department für Kardiologie und Angiologie, Münster, Deutschland
  • Jacqueline Müller-Nordhorn - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Berlin School of Public Health, Berlin, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocFV15

doi: 10.3205/15dkvf032, urn:nbn:de:0183-15dkvf0328

Published: September 22, 2015

© 2015 Rieckmann et al.
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Text

Hintergrund: Die Prävalenz von depressiven Störungen ist bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung erhöht gegenüber der Allgemeinbevölkerung. Dabei sind Frauen häufiger betroffen als Männer. Unklar ist die Versorgung depressiver Störungen bei Männern und Frauen mit koronarer Herzerkrankung. Auch ist wenig über Einstellungen von Patienten mit körperlichen Erkrankungen gegenüber Behandlungsmöglichkeiten der Depression bekannt.

Fragestellung: Unterscheiden sich die Depressions-Behandlungsraten von Frauen und Männern mit koronarer Herzerkrankung und komorbider Depression? Gibt es Geschlechtsunterschiede in Einstellungen zu antidepressiver Therapie?

Methodik: Die CDCare Studie ist eine prospektive Kohortenstudie mit KHK Patienten ohne kognitive Beeinträchtigungen, die an 2 universitären kardiologischen Kliniken zwischen Juni 2012 und August 2014 rekrutiert wurden. Folgeerhebungen wurden bzw. werden nach 1, 6, und 12 Monaten mittels Fragebögen durchgeführt. Zur Baseline-Erhebung wurden ein Depressions-Screening (Patient Health Questionnaire, PHQ) sowie ein klinisches Interview zur Erfassung depressiver Störungen (Composite International Diagnostic Interview) durchgeführt, soziodemographische Angaben sowie Behandlungsraten und Einstellungen wurden mittels Fragebogen erfasst.

Ergebnisse: Von 1.264 eingeschlossenen Patienten (19.5% Frauen, mittleres Alter 63.2; SD = 10.5) haben 1.035 das klinische Interview erhalten. Davon hatten 13.4% der Frauen und 7.1% der Männer eine aktuelle Major Depression und jeweils 3% eine Dysthymie ohne Major Depression. Aktuell in Behandlung für eine Depression waren laut eigenen Angaben 5.5% aller Teilnehmer. Von den Patienten mit einer aktuellen Major Depression waren 26% der Frauen und 29% der Männer in Depressions-Behandlung, die meisten davon ambulant und überwiegend bei Hausärzten. Sowohl bei Männern als auch bei Frauen waren Antidepressiva oder eine Kombination aus Antidepressiva und Psychotherapie die häufigste Behandlungsform.

Die Mehrheit der teilnehmenden Männer und Frauen der Gesamtstichprobe (75% und 70%) waren der Ansicht, dass der Besuch eines Psychotherapeuten geeignet ist, etwas gegen eine Depression zu tun, hingegen hielten nur 33% der Frauen und 22% der Männer die Einnahme von Arzneimitteln für geeignet. 74% der Frauen und 78% der Männer waren der Ansicht, dass Antidepressiva abhängig oder süchtig machen.

Diskussion: In dieser konsekutiven Kohorte bestätigt sich die aus internationalen Studien bekannte erhöhte Prävalenz depressiver Störungen bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung, sowohl bei Frauen als auch bei Männern. Die Behandlungsraten bei Männern und Frauen mit Major Depression sind gleichermaßen niedrig. Der Großteil der männlichen wie weiblichen Patienten war nicht überzeugt von der Wirksamkeit medikamentöser antidepressiver Therapie wenngleich die Patienten, die in Behandlung sind, zumeist ein Antidepressivum erhalten. Eine Limitation der Studie ist die Ermittlung der Behandlungsraten über Selbstangaben.

Praktische Implikationen: Die niedrigen Behandlungsraten sowie die falschen Überzeugungen bezüglich des Abhängigkeitspotentials von Antidepressiva sowohl bei Männern als auch bei Frauen mit koronarer Herzerkrankung zeigen einen deutlichen Bedarf an Aufklärung von Patienten und Versorgern.