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14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.

7. - 9. Oktober 2015, Berlin

Die Rolle von Ethikkommissionen für die nationale Versorgungsforschung – eine Querschnittsuntersuchung anhand der DACAPO-Studie

Meeting Abstract

  • Sebastian Blecha - Universitätsklinikum, Anästhesiologie, Regensburg, Deutschland
  • Thomas Bein - Universitätsklinikum, Anästhesiologie, Regensburg, Deutschland
  • Kathrin Thomann-Hackner - Universitätsklinikum, Anästhesiologie, Regensburg, Deutschland
  • Susanne Brandstetter - Universität Regensburg, Med. Soziologie - Epidemiologie und Präventivmedizin, Regensburg, Deutschland
  • Frank Dodoo-Schittko - Universität Regensburg, Med. Soziologie - Epidemiologie und Präventivmedizin, Regensburg, Deutschland
  • Christian Apfelbacher - Universität Regensburg, Med. Soziologie - Epidemiologie und Präventivmedizin, Regensburg, Deutschland

14. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. Berlin, 07.-09.10.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. DocFV63

doi: 10.3205/15dkvf028, urn:nbn:de:0183-15dkvf0289

Published: September 22, 2015

© 2015 Blecha et al.
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Text

Hintergrund: Eine Voraussetzung zur Durchführung von multizentrischen Versorgungsforschungsstudien ist die Vorlage zustimmender Sekundärvoten von Ethikkommissionen (EK) nach Erstellung eines Primärvotums. Die föderale Struktur von Gesundheitsorganisation und Datenschutz erfordert die Einreichung von Sekundäranträgen bei zahlreichen und unterschiedlich organisierten EK. Dieses Vorgehen kann zeit- und personalaufwändig sein und muss in die Planung einbezogen werden.

Fragestellung: Bedeutung der Komplexität von Beantragungsmodalitäten und Kommunikationsprozessen für den Erhalt sekundärer Ethikvoten im Rahmen einer nationalen Versorgungsforschungsstudie (DACAPO-Studie: Einfluss der Versorgungsqualität und individueller Patientencharakteristika auf die gesundheitsbezogene Lebensqualität nach Überleben eines akuten Lungenversagens). Konsequenzen für die zeitliche und personelle Planung solcher Projekte.

Methodik: Nachdem das Primärvotum erteilt worden war, wurde prospektiv über einen Zeitraum von 7 Monaten der zeitliche und personelle Aufwand, die notwendigen Korrespondenz, angeforderte Ergänzungen oder Korrekturen und anfallende zusätzliche Kosten bei 34 EK für 64 teilnehmende Studienzentren erfasst. Die Auswertung erfolgte mittels deskriptiver Statistik.

Ergebnisse: Der Prozess der Beantragung von Sekundärvoten bei 34 EK für eine nicht-interventionelle Versorgungsforschungsstudie gestaltete sich zeit- und personalaufwändig. Ein Studienarzt benötigte insgesamt 64 Stunden für die Recherche (Internet, Telefonate) der Beantragungsmodalitäten der einzelnen EK. Weitere 376 Stunden wurden für die Erledigung der administrativen Aufgaben (Antragstellung, Bearbeitung der verschiedenen Dokumente, Modifikation der primären Unterlagen, Telefonate, Fax) aufgewendet. Die Dauer für die Erteilung eines Sekundärvotums nach Beantragung betrug im Median 25,5 Tage (25%/75% Quartile 13/42 Tage). Bis zur Erteilung aller positiven Bescheide der 34 EK wurden 7 Monate benötigt. Die Art der Beantragungsmodalitäten war uneinheitlich, in 10 Fällen waren mehrmalige Überarbeitungen der Unterlagen des Primärvotums notwendig. Die verlangten Änderungen bezogen sich auf die Beschreibung der Treuhandstelle, Erläuterung der elektronischen Datenerfassung, Änderung der Informations- und Einwilligungsdokumente, Überprüfung des Inhaltes des Studienprotokolls und des Datenschutzkonzeptes.

Diskussion: Die Aufgabe von EK ist die Prüfung der ethischen und rechtlichen Unbedenklichkeit von biomedizinischen Forschungsvorhaben am Menschen, wobei bei nicht-interventionellen Observationsstudien der Datenschutz und die Pseudonymisierung die wichtigste Rolle spielen. Wir dokumentierten den Aufwand zur Erlangung von sekundären Ethikvoten im Rahmen eines nationalen Versorgungsforschungsprojektes. Die wichtigsten Ergebnisse dieser Untersuchung sind: 1. die Modalitäten der Anstragstellung bei den 34 involvierten EK waren heterogen. 2. Die Anträge waren mit erheblichem Arbeitsaufwand verbunden. 3. Für den vollständigen Erhalt aller Voten, die für den synchronen Start der Studie notwendig waren, wurden 7 Monate benötigt.

Da ein solcher Aufwand zu einer Verzögerung des Studienbeginns bei zeitlich limitierten Fördermitteln sowie zur nachlassenden Motivation der beteiligten Zentren führen kann, sind Vorschläge für eine Straffung und Vereinheitlichung der Erteilung von Sekundärvoten hilfreich. Diese beziehen sich auf die frühzeitige Einbindung von EK bei der Antragstellung, die Schaffung von zentralen EK zur Homogensierung föderaler Strukturen und mehr wechselseitige Imnformationsstrukturen zwischen EK und Versorgungsforschungsinstitutionen.

Praktische Implikationen: Die frühzeitige Einbindung und der regelmäßige Informationsaustausch zwischen Versorgungsforschern und EK ist erforderlich, um bei multizentrischen Projekten den Prozess der Erteilung von Ethikvoten zu straffen. Darüber hinaus ist ein gesundheitspolitischer Diskurs über die Rolle föderalistischer Strukturen im Rahmen nationaler Versorgungsforschung wünschenswert.