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10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung, 18. GAA-Jahrestagung

Deutsches Netzwerk Versorgungsforschung e. V.
Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie e. V.

20.-22.10.2011, Köln

SAmS – Strukturierte Arzneimitteltherapie bei multimorbiden Senioren

Meeting Abstract

10. Deutscher Kongress für Versorgungsforschung. 18. GAA-Jahrestagung. Köln, 20.-22.10.2011. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2011. Doc11dkvf195

doi: 10.3205/11dkvf195, urn:nbn:de:0183-11dkvf1959

Published: October 12, 2011

© 2011 Jeske-Saathoff et al.
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Hintergrund: Neben dem Problem der leitliniengerechten Therapie erschweren die strukturellen Probleme eine gute Arzneimitteltherapie bei multimorbiden älteren Menschen. Da Medikationspläne zwischen Krankenhaus-, Fach- und Hausarzt nicht regelhaft ausgetauscht werden, fehlt dem Hausarzt oft der Überblick über die eingenommenen Medikamente (inklusive Selbstmedikation des Patienten). Insgesamt befindet sich der verordnende Arzt in einem Spannungsfeld zwischen leitliniengerechter Therapie, Arzneimittelsicherheit und Patientenwunsch. Ziel des SAmS-Projektes ist es, aus der Ärzteschaft heraus mit aktiver Unterstützung der Krankenkasse ein Assessment-Instrument zu entwickeln, welches die Arbeitssituation des Hausarztes genauso berücksichtigt wie aktuelles wissenschaftliches Wissen (z.B. Priscus-Liste) und die Patientenpräferenz.

Material und Methoden: Das Projekt begann im Mai 2010 mit einer Auswertung der Arzneimitteldaten für alle BARMER GEK Versicherte im Bundesland Schleswig-Holstein. Am Ende eines mehrstufigen Analyseverfahrens über den Zeitraum von 10/2008 bis 6/2009 nach Alter, Diagnosen, Anzahl verordneter Wirkstoffe, Höhe von DDD, Unterscheidung Akut- von Dauermedikation steht eine Wirkstoffliste (SAmS-Wirkstoffliste) mit 145 Wirkstoffen (45 davon Wirkstoffe aus Selbstmedikation). Die so entstandene Liste wurde mit der Beers-Liste, der Priscus-Liste und dem FORTA-Konzept (Wehling, fit-for-the-aged) abgeglichen. Die SAmS-Liste dient den Ärzten der Ärztegenossenschaft Nord als Grundlage für die Entwicklung eines Assessments, das im Rahmen von Qualitätszirkeln erarbeitet wird. Zu diesem Assessment gehören drei Bausteine: 1. Prozess des Aufgreifens gefährdeter Patienten im Praxisalltag / Medikamentenanamnese / Erstellung Medikamentenplan. 2. Erarbeitung und Schulung des aktuell verfügbaren Wissens um UAW, geriatrische Diagnose- und Behandlungsansätze mit Priorisierungskonzepten, Beachtung der Patientenpräferenzen. 3. Auswertung und Bewertung der aktuellen Arzneimitteldaten während des Projektzeitraumes.

Ergebnisse: Zum gegenwärtigen Zeitpunkt lassen sich nur für die Auswertung der Arzneimitteldaten (Erstellung der SAmS-Wirkstoffliste) erste Ergebnisse vorweisen. Je nach zugrunde liegender Bewertung mit der Beers- oder Priscusliste oder des FORTA-Konzeptes werden 13% bis 22% der ermittelten Arzneimittelwirkstoffe bei Versicherten über 65 Jahre heute in Schleswig-Holstein verordnet.

Schlussfolgerung: Die ersten Datenauswertungen zeigen, dass Wirkstoffe der Beers- und Priscusliste wie auch des FORTA-Konzeptes bei Versicherten in Schleswig-Holstein verordnet werden. Eine Veränderung des Verordnungsverhaltens kann nur durch die Hausärzte selbst erzielt werden. Das Wissen um gefährliche Arzneimittel ist dabei nur eine Seite der Polypharmazie. Genauso zu betrachten ist die Frage nach einem „Vorgehen“ (Assessment), wie dieses Wissen in die Alltagspraxis der Ärzte Eingang findet. Dabei heißt es nicht nur die Patientenpräferenz zu berücksichtigen – oftmals ein sehr fordernder Prozess – viel früher noch gilt es der strukturell bedingten Intransparenz der Arzneimittelmedikation unter der „Echtzeitbedingung“ eines Praxisbetriebes Herr zu werden. Das SAmS-Assessment wird derzeit im Rahmen eines Pilotprojektes mit 20 Netzärzten und der BARMER GEK erprobt.