gms | German Medical Science

German Congress of Orthopaedics and Traumatology (DKOU 2016)

25.10. - 28.10.2016, Berlin

Knie- oder Hüftarthrose im Röntgenbild. Ist Autofahren möglich?

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Ulf Krister Hofmann - Orthopädische Universitätsklinik , Tübingen, Germany
  • Maximilian von Bernstorff - Orthopädische Universitätsklinik , Tübingen, Germany
  • Martina Feierabend - Hertie-Institut für klinische Hirnforschung, Tübingen, Germany
  • Maurice Jordan - Universitäts-Hautklinik Tübingen, Tübingen, Germany
  • Christopher Glatzl - Klinikum Reutlingen, Reutlingen, Germany
  • Ingmar Ipach - Department of Orthopaedic Surgery, Ingolstadt Hospital, Ingolstadt, Germany

Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU 2016). Berlin, 25.-28.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. DocPO13-575

doi: 10.3205/16dkou558, urn:nbn:de:0183-16dkou5585

Published: October 10, 2016

© 2016 Hofmann et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Fragestellung: Eigenständiges Autofahren spielt eine wesentliche Rolle in der Selbstbestimmung und für die gesellschaftliche Teilhabe. Für Patienten mit Erkrankungen des Bewegungsapparates ist die Frage, ob sie in ihrem Zustand am Verkehr teilnehmen dürfen von entscheidender Bedeutung. Oft wenden sich die Patienten dabei mit eben dieser Frage an ihren behandelnden Arzt.

Wissenschaftlich ist gerade bei muskuloskelettalen Fragestellungen die Untersuchung der Fähigkeit eine Notbremsung zeitgerecht durchzuführen ein häufig verwendeter Ansatz um Fahrtauglichkeit festzustellen. Während in den letzten Jahren die perioperative Bremsfähigkeit intensiv untersucht wurde, ist die Datenlage zu Bremssicherheit mit Arthrose sehr spärlich.

Ziel der Studie war es, die Fähigkeit zur sicheren Durchführung einer Notbremsung bei Patienten mit Arthrose zu prüfen und einen möglichen Zusammenhang mit dem röntgenologischen Befund zu untersuchen.

Methodik: In einer retrospektiven Analyse von Patienten und Probanden aus vorangegangenen Studien wurde die Bremsleistung von n=158 Patienten mit Arthrose des Knie- oder Hüftgelenkes untersucht und mit dem röntgenologischen Arthrosegrad nach Kellgren-Lawrence verglichen.

Dabei wurden die Reaktionszeit, Fuß-Transfer-Zeit - zusammen Brems-Reaktionszeit (BRT) - sowie Bremskraft in einer Fahrgastzelle untersucht und mit den Werten von einem jungen (n=34) und einem altersangepassten (n=36) Kontrollkollektiv verglichen.

Ergebnisse und Schlussfolgerung: Während fast alle BRTs in beiden Kontrollkollektiven deutlich unter 600 ms lagen, zeigten Patienten mit Knie- oder Hüftarthrose signifikant schlechtere Bremsleistungen (jeweils p<0,001) und überschritten dabei regelmäßig die Grenze von 600 ms. Sowohl die Reaktionszeit als auch die Transferzeit waren betroffen. Rechtsseitige Arthrose hatte einen größeren Einfluß auf die Bremsleistung als Linksseitige, mit den schlechtesten Werte bei bilateraler Arthrose. Dies führte zu einem verlängerten Bremsweg von bis zu 32 m bei einer Geschwindigkeit von 100 km/h. Interessanterweise bestand kein Zusammenhang mit der röntgenologischen Arthroseausprägung (Kendall's tau für BRT und Kellgren-Lawrence: tau=0,007, p=0,92). Beim Vergleich der Patienten mit BRTs über, mit denen mit BRTs unter 600 ms, zeigte sich ein signifikanter Unterschied bezüglich Alter (p< 0,001, Medianes Alter >600 ms = 71 (IQR 65-75); <600 ms = 62 (IQR 58-72) Jahre) und Körpergröße (p< 0,001, Mediane Größe >600 ms = 1,65 (IQR 1,60-1,71) und < 600 ms = 1,74 (1,68-1,78) Meter). Zudem waren 76% der Patienten mit einer BRT >600 ms weiblich (Chi-square Test p<0,001).

Patienten mit Arthrose zeigen in 35% der Fälle problematische Bremsleistungen. Dies kann sowohl bei rechtsseitiger wie aber auch linksseitiger Arthrose der Fall sein. Dabei ist der radiologische Ausprägungsgrad jedoch ungeeignet, die individuelle Bremsleistung abzuschätzen. Eine weit größere Rolle spielen bereits bekannte Parameter wie Körpergröße, Geschlecht und vor allem auch das Patientenalter.