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3D statistisches Modell des knöchernen Beckens – Anatomische Variabilität und biomechanische Relevanz
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Published: | October 10, 2016 |
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Fragestellung: Das knöcherne Becken ist eine komplexe anatomische Struktur mit zentraler Bedeutung für die Mobilität des Menschen. Das genaue Verständnis der anatomischen und biomechanischen Gegebenheiten ist Voraussetzung für die adäquate Behandlung traumatischer sowie degenerativer Pathologien des Beckens. Ein statistisches 3D Modell des kompletten Beckenrings soll helfen die anatomische Variabilität neuartig zu verstehen und deren Auswirkung auf die Biomechanik abzuschätzen.
Methodik: Aus 50 anonymisierten klinischen Becken-CTs knochengesunder Patienten (davon 30 männlich, 20 weiblich, Durchschnittsalter 74,9 +/- SD 16,7 Jahre) wurde mittels manueller Segmentierung und Definition anatomisch korrespondierender Landmarken ein statistisches 3D Modell der Knochenoberfläche sowie der inneren Grauwertverteilung generiert. Die Analyse der Oberfläche erfolgte mittels Principal Component Analysis (PCA), die der inneren Grauwerte u.a. durch virtuelle Bohrproben. Es wurden die Pelvic Incidence (PI) und die Distanz zwischen den beiden Acetabula als positionsunabhängige Parameter bestimmt. Zur Messung der PI wurde anstelle des Femurkopfzentrums das Drehzentrum des Acetabulums herangezogen. Bei Übertragung der winkelbildenden Schenkel der PI in den dreidimensionalen Raum (PI3D) ergibt zusätzlich sich ein neuer Winkel, der durch den anterioren Schenkel der PI3D und die interacetabuläre Achse gebildet wird. Dieser Winkel ist ebenfalls lageunabhängig.
Ergebnisse und Schlussfolgerung: Es wurde erstmalig ein statistisches 3D Modell des gesamten Beckenrings inklusive Mittelmodell erstellt. Das Modell lässt ausgeprägte interindividuelle anatomische Unterschiede erkennen. Insbesondere hinsichtlich der Oberflächenform (Abbildung 1 A [Abb. 1]), regionaler Grauwertverteilung und der Lagebeziehung der ringbildenden Knochen zueinander zeigt sich eine erhebliche Variabilität, die nur teilweise eine Geschlechtsabhängigkeit aufweist. Über die Bestimmung lageunabhängiger Parameter im dreidimensionalen Raum wurde eine Beschreibung der Sakrumposition in Relation zu den Acetabula erreicht (Abbildung 1 B, C [Abb. 1]).
Die Ergebnisse lassen Rückschlüsse auf die individuellen biomechanischen Gegebenheiten zu, die nun z.B. mittels Finite Element Analyse weiter zu untersuchen und quantifizieren sind. Hieraus sind Erkenntnisse mit Relevanz für Behandlungskonzept, Therapieentscheidung und ggf. Implantatentwicklung in Traumatologie und Orthopädie zu erwarten. Eine weitere Analyse des Modells beispielsweise hinsichtlich der Ausrichtung der Iliosakralgelenke ist angestrebt.