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Hypokomplementämisches Urtikariavaskulitis Syndrom (HUVS) als Chamäleon – was steckt dahinter?
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Published: | August 31, 2022 |
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Vorgeschichte: Bei einer 45-jährigen Patientin mit seit 7 Jahren bestehender histologisch gesicherter hypokomplementämischer Urtikariavaskulitis wurde aufgrund von Arthralgien, Komplementumsatz (C3/C4 erniedrigt), Nachweis zirkulierender C1q-IgG-Immunkomplexe und chronischer Niereninsuffizienz, die aus nephrologischer Sicht im Rahmen der hypokomplementämischen Urtikariavaskulitis gewertet wurde, der V.a. auf ein hypokomplementämisches Urtikariavaskulitis Syndrom (HUVS) gestellt. Nachweisbare anti-SSA/Ro- und Anti-Ro-52-Antikörper wurden als klinisch nicht relevant interpretiert. Nach initialem Glukokortikoidstoß erfolgte bei niedriger Krankheitsaktivität zunächst eine Therapie mit Hydroxychloroquin.
Leitsymptom bei Krankheitsmanifestation: Die Patientin berichtete bei einer Verlaufskontrolle neben den bekannten Urtikae und postinflammatorischen Hyperpigmentierungen an Rumpf und Unteramen von ausgeprägten Arthralgien, neu aufgetretenen intermittierenden Myopathien, Morgensteifigkeit, rezidivierenden Konjunktivitiden, Nachtschweiß und subfebrile Temperaturen, sodass der V.a. eine Kollagenose gestellt wurde.
Diagnostik: Laborchemisch fiel eine Leukopenie (3,34 Tsd/ul), Neutropenie (1,91 Tsd/µl), absolute Lymphozytopenie (0,42 Tsd/µl), nicht-hämolytische Anämie (Hämoglobin 9,1 g/dl) und ein Anstieg der Nierenretentionsparameter (Kreatinin 1,25 mg/dl; Ausgangswerte: 0,9–1,0 mg/dl, Cystatin C 1,84 mg/l) auf. Bei homogenem ANA (1:400) mit chromosomaler Fluoreszenz ergab die ENA-Diagnostik neben den bekannten anti-SS-A/Ro-und anti-Ro-52-Antikörpern erstmalig einen hochtitrigen anti-dsDNA-Antikörper (>250 IU/ml). Bei erhöhtem intravasalem Komplementumsatz mit vermindertem C3, C4 und C1q (36 mg/l; norm 100–250 mg/l) waren anti-C1q-Antikörper nachweisbar. Aufgrund von Hämaturie (++++) und Proteinurie (1,86 g/24h) sowie Akanthozyten im Sediment erfolgte eine Nierenbiopsie. Diese zeigte das Bild einer diffusen chronisch und aktiven Lupusnephritis mit endo- sowie extrakapillären Entzündungsmanifestationen analog zur IPN/RPS-Klassifikation IV-G a/c. Zusammenfassend konnte ein systemischer Lupus erythematodes (SLE) mit kutaner, renaler, hämatologischer und muskuloskelettaler Manifestation diagnostiziert werden.
Therapie und weiterer Verlauf: Unmittelbar nach Sicherung der Lupusnephritis erfolgte eine Immunsuppression mit Glukokortikoidstoß und Eindosierung von Mycophenolatmofetil (2x 1.000 mg/Tag). Bei zunächst therapierefraktärem Verlauf mit Verschlechterung der Nierenfunktion und progredienter Proteinurie erfolgte eine Eskalation der täglichen Glukokortikoid- und Mycophenolatmofetil-Dosis (3x1.000mg). Hierunter zeigte sich bei guter Verträglichkeit ein gutes Therapieansprechen.
Das HUVS stellt ein seltenes Krankheitsbild dar. Insbesondere bei Nachweis von anti-C1q-Antikörpern sollte die Differentialdiagnose eines systemischen Lupus erythematodes (u.a. Lupusnephritis) nicht nur initial, sondern auch im Verlauf regelmäßig überprüft werden.
Offenlegungserklärung: Es bestehen keine Interessenskonflikte.